Statuten und Privilegien 1611

Zur Einordnung der Stadtrechte der Stadt Stolp in die Rechtsverfassung der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts gilt es, zunächst einen Blick auf die politische Landkarte kurz vor Beginn des 30-jährigen Krieges zu werfen. Das Herzogtum Pommern als Ganzes war Teil des Heiligen Römischen Reiches. Die Rechtsnormen der Reichsverfassung waren daher auch für die Herzöge, Stände und Einwohner von Pommern gültig. Wichtigstes Organ zur Gewährleistung und Durchsetzung eines einheitlichen Rechts war das Reichskammergericht, welches als Appellationsgericht Prozesse von Untertanen gegen den Landesherrn ermöglichte.

Innerhalb des Herzogtums Pommern wurden, idealtypisch unter Beachtung der Rechtsnormen des Reiches, in einem regional geltenden Landrecht Rechte und Pflichten der Untertanen festgelegt. Für die Städte, die mit einem besonderen Stadtrecht versehen waren, galt das Landrecht nicht. Vielmehr wurde ihnen bei der Stadtgründung ein besonderes Recht verliehen. Im Falle von Stolp war dieses das Lübische Recht. In der Regel war die abgebende Stadt, in diesem Fall Lübeck, dann auch der Rechtsvorort, also der Ort, an dem Unklarheiten in der Auslegung des Rechts zu klären waren. Der Landesherr konnte dies aber in anderer Weise regeln. So scheint es im Falle von Stolp und anderen Städten in Hinterpommern so gewesen zu sein, dass Kolberg als Ansprechpartner für Auslegungsfragen zumindest zeitweilig zuständig war.

Das den Städten verliehene Lübische Recht war zwar ein klarer Rechtsrahmen, konnte aber nicht auf alle Spezifika der jeweiligen Stadt eingehen. Daher gaben sich die Städte unter Einbeziehung ihrer Privilegien eine eigene Verfassung, das Stadtrecht. Aus dem Marktrecht einer Stadt als Kern entwickelten sich weitere Statuten / Rechtsnormen, die für das Zusammenleben in der Stadt wichtig waren. Oft gingen die Statuten dabei auf spezielle Bedürfnisse und auch überkommene Bräuche ein. Ein kleines Beispiel für Stolp mag dies verdeutlichen.

Niemand soll Kaufschlagen auf die Strassen, sondern die Bürger mit ihren Haus-Frauen und ihre eheliche Kinder und nicht ihre Knechte oder Mägde, bey 3 Pfund, ausgenommen der Raths-Personen. So soll auch niemand vor den Thören Kaufschlagen, weiter, als vor dem Mühlen-Thore bis an den Sandberg, Jungfern-Krug und krumme Brück; vor dem Neuen-Thor, zwischen der Kuh-Trifft und Uhlenthor; vor dem Holtz-Thor, bis an die Brücke in der Trifft, bey gleicher Strafe 3 Pfund.

Hier wird somit ein Teil des Marktrechtes, das Aufstellen von Verkaufsständen in den Straßen und vor den Toren der Stadt durch Einschränkung des Personenkreises und genaue geographische Angaben, einschließlich der Androhung von Strafen präzisiert.

Die städtischen Statuten mussten vom jeweiligen Herzog genehmigt werden.

 

Die Statuten und Privilegien der Stadt Stolp von 1611 sind enthalten in:

Schott, August Friedrich (Hrsg.): Sammlungen zu den deutschen Land- und Stadtrechten, Leipzig 1772, S. 241-262, Digitalisat (Uni-Heidelberg 30.04.2012)

 

Klaus Heyden, Dresden, hat sich näher mit dem Thema beschäftigt und uns seinen Beitrag zur Verfügung gestellt: