Museen

Hier erwarten Sie Informationen zu den Museen, die in einem engeren Bezug zum ehemaligen Stadt- und Landkreis Stolp stehen.

 

Mittelpommersches Museum in Stolp

Bei Reisen nach Stolp und Umgebung ist ein Besuch im Mittelpommerschen Museum im Stolper Schloss auf jeden Fall empfehlenswert. Auch dessen Bibliothek und Archiv sind für Forscher interessant.

Die beiden Außenstellen des Mittelpommerschen Museums sind in Klucken und Schwolow. Das Slovinzische Dorfmuseum Klucken präsentiert u.a. Gebäude mit originalen Einrichtungen. Der Albrechtshof in Schwolow zeigt den renovierten Hof eines wohlhabenden Bauern und handwerkliche Ausstellungen.

(Ein Klick auf die jeweilige Überschrift öffnet den Bericht.)

Museum für Pommersche Volkskultur

Unter dem Namen „Museum für Pommersche Volkskultur in Swołowo“ wurde ein deutschsprachiges Programmblatt herausgegeben, das wir hier gerne wiedergeben möchten.

 

Auf dem Titelfoto ist die Patentante von Waltraud Schlichting zu sehen, Margarete Zessin geb. Albrecht von Hof Nr. 7.

Eröffnung der 2. Etappe des Museumshofes „Albrecht“ 2012 in Schwolow

Grußwort zur Eröffnungsfeier von Waltraud Schlichting

Meine Damen und Herren, liebe Freunde!

Wie schnell die Zeit vergeht…
Vor 4 Jahren war ich persönlich hier zur Eröffnung des Albrechthofes – von dem meine Vorfahren stammen – als 1. Projekt des Mittelpommerschen Museums in Słupsk und habe im Namen der ehemaligen Bewohner in Schwolow für das Engagement der Mitarbeiter gedankt und Grüße übermittelt.


Leider kann ich der Einladung zur Eröffnungsfeier des 2. Projektes nicht folgen. Dafür wird ein guter Freund – Rainer Priebe – mein Grußwort verlesen. Auch er hat seine Wurzeln in Schwolow. Seine Vorfahren kommen vom ehemaligen Schulzenhof Albrecht, in dem jetzt ein Teil des Magazins gelagert ist.

 

Gern habe ich in den letzten 4 Jahren mit gutem Rat und historischen Fotos geholfen, offene Fragen zum Brauchtum zu klären: sei es zum Brot backen, Bier brauen, Hausschlachten usw.
Wichtig war auch das Spinnen und Weben für Gebrauchswäsche und die Aussteuer junger Bäuerinnen.

 

Im vorigen Jahr wurde auch das Buch meines Bruders Klaus Granzow – „Es war die schönste Zeit“, unter Mitarbeit von Herrn Dawid Gonciars und Herrn Robert Kupisiński in die polnische Sprache übersetzt, berichtet es doch detailliert über das Leben im Dorf Schwolow des 19. Jahrhunderts.
In der Zeit unserer Reise im vorigen Jahr durften wir die Entwicklung der Arbeiten zum 2. Projekt besichtigen und konnten uns nicht vorstellen, dass heute schon die Eröffnung sein würde.

 

Aber im September werde ich mit einer Gruppe von Freunden und Nachkommen der ehemaligen Bewohner der Region kommen und alles bewundern.

 

Darauf freuen wir uns schon alle!

 

Ihnen allen wünsche ich einen guten Verlauf der Eröffnungsfeier und viel Freude zu den Festtagen.
Ihre Waltraud Schlichting

Ein kurzes Grußwort von Christa Isler

Auch die wohl älteste Zeitzeugin aus Schwolow (geb. 1925 in der Schwolower Molkerei) schickt frohe Grüße und wünscht „gutes Gelingen und ganz viel Freude“ für das grosse Eröffnungsfest zum neuen Projekt!

Nach 3 Jahren Pause freue ich mich auf das Wiedersehen in der alten Heimat und ganz besonders auf Schwolow!

Bericht von der Ausstellung „Pommersche Landschaftsmalerei und –graphik“ (01.05. – 17.09.2012)

Pommersche Landschaftsmalerei und Graphik zwischen 1900 und 1945

Zwischen 1900-1945 gab es eine Vielzahl von Malern, die in Hinterpommern gemalt und gezeichnet haben, darunter international bekannte Maler aus anderen Teilen Deutschlands, die in den 20er Jahren ihre Liebe zum Land am Meer entdeckt hatten und immer wieder zurückkehrten wie Max Pechstein, Karl-Schmidt-Rottluff und Lyonel Feiniger, daneben aber auch viele, die hier geboren waren und ihre Heimat selten oder gar nicht verlassen und über Pommern hinaus wenig Bekanntheit gefunden haben, wieder andere, die aus der Ferne die Sehnsucht nach dem Land ihrer Kindheit nie losgelassen hat wie Jürgen Wegener oder Siegfried Reich an der Stolpe. Den heimischen Malern Margarete Neuß-Stubbe, Rudolf Hardow Hans Winter, Hans Sauer, Ullrich Bewersdorff, Günter Machemehl wie auch Helga Gerdts aus Stolpmünde, die nach dem Krieg eine zweite Heimat in Worpswede fand und dem Rheinländer Gottfried Brockmann, der während der Zeit der Diffamierung in den 30er Jahre die Sommermonate malend und zeichnend an der Ostsee verbrachte, waren in den vergangenen Jahren bereits Ausstellungen im Museum des Slowinzischen Dorfes in Kluki, Abteilung des Mittelpommerschen Museums in Słupsk gewidmet, sie treten daher mit ihren Bildern auf dieser Ausstelllung nicht in Erscheinung.

 
Willi Hardt (1879-1933) gehört zur Gruppe der heimischen Maler. Geboren in Pasewalk, absolvierte  Hardt zunächst eine Malerlehre, besuchte dann Kunstschulen in Dresden, Berlin und Stuttgart, ehe er noch vor dem I. Weltkrieg nach Stolp kam und sich eine Werkstatt als Dekorationsmaler einrichtete, dann aber als Gewerbeoberlehrer an der Berufsschule tätig war. Hardt schloss sich schon früh dem 1919 Stolper Kunstverein an und war zeitweilig auch dessen Vorsitzender. Auf den alljährlichen Ausstellungen des Vereins war er regelmäßig vertreten, 1933 widmete ihm der Verein eine Gedächtnisausstellung. Hardt malte in Öl und Aquarell, zeichnete in Kohle, fertigte aber auch Linolschnitte. Bevorzugt malte er Landschaft, Gruppen von sturmzerzausten Kiefern am Meer, Waldwege, Blick auf den Revekol, daneben Motive in Dörfern wie in Strellin, Flinkow und Rowe, aber auch Motive in Stolp wie den hier gezeigten, farblich sehr reizvollen, Linolschnitt der St. Georgkapelle im Winter. Von Willi Hardts Werk, von dem vieles im Stolper Rathaus, in Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden gehangen haben soll, hat nur wenig das Kriegsende überdauert, manches befindet sich heute im Pommerschen Landesmuseum in Greifswald, so „Dorfstraße In Rowe”, ein außerordentlich stimmungsvolles Bild. Willi Hardt – ein Maler, von dem, wäre er nicht so vorzeitig gestorben, wohl noch viel zu erwarten gewesen wäre.
Viele der talentierten Autodidakten, die in jenen Jahren in der Region gemalt haben, lassen sich aus der Signatur selten oder gar nicht biographisch erschließen, manchmal fehlt eine Signatur überhaupt. Der Betrachter wird sich jedoch an ihren, oft sehr stimmungsvollen, Bildern nicht weniger erfreuen wie an anderen, die den bekannten , oder doch ausgebildeten Maler oder Zeichner ausweisen. Gerade dieses Miteinander von Malern „aller Schattierungen“ gibt der diesjährigen Ausstellung in Kluki einen besonderen Reiz.

 

Bleiben wir zunächst bei Stolp. Eine ganze Anzahl von Bildern nahezu unbekannter Maler zeigen Stolper Stadtlandschaften, malerische Motive wie Kirchen, Tore, alte Gassen, die den Blick besonders auf sich zogen. Darunter sind mitunter Ansichten des selben Motivs von verschiedener Hand; es ist reizvoll, die unterschiedlichen Auffassungen und Techniken zu vergleichen, so bei den Bildern der Marienkirche oder der Holstentormauerstraße in Stolp.
Originell präsentiert sich das Stolper Stadtbild auf den Strichzeichnungen von
 
George Hark (1878-1946), „Hofphotograph“, wie er sich nannte, mit einem Fotoatelier in der Präsidentenstraße 46 in Stolp, der späteren Hindenburgstraße, heute ul. Kilińskiego. Hark, der sich mit Porträtfotos der Stolper Gesellschaft einen Namen gemacht hatte, fertigte 1919 eine Serie von Strichzeichnungen nach Fotografien Stolper Stadtansichten an, die er, nummeriert und im Postkartenformat, zum Kauf anbot, die Idee, wohl aus der Not der Nachkriegszeit geboren. Wie die Originalzeichnungen ausgesehen haben, kann man anhand von vier Postkarten erfahren, die auf der Ausstellung zu sehen sind: „Alte Mauer mit Schlosskirche“, „Am Bahntor“, „Neues Tor mit Café Reinhardt und Zeeck“ sowie „Rathaus mit Blücherdenkmal“.
 
Von Kurt Goehr, der im Stolper Adressbuch von 1938 als „Kunstmaler“ angeführt wird, kennt man nur zwei Aquarelle, beide werden hier gezeigt, den Blick zum Kloster von jenseits der zum Teil zugefrorenen Stolpe sowie, aus ungewohnter Blickrichtung, die Marienkirche, Nicht wie üblicherweise, geht der Blick vom Marktplatz her auf das mächtige Bauwerk, sondern von der früheren Ringstraße/ul. Jagiełły über Fachwerkhäuschen der Predigerstraße, heute ul. Łukasiewicza hinweg,  eine darum besonders interessante Ansicht im Stolper Stadtbild.
 
Richard Callwitz, der mit seinem Namen in den Adressbüchern nur als „Sekretär a.D. ”, bzw. „Pensionär“ in Erscheinung tritt, malte 1910 „Das alte Hospital“ in Stolp, gemeint ist das Heiliggeisthospital, das allerdings schon früher dem 1901 eingeweihten Bau des neuen Rathauses gewichen war und in gleicher akkuraten Malweise zwei weitere Aquarelle, 1916 eine Ansicht über alte Häuser hinweg auf die Marienkirche sowie  1895 den Blick von der Schmiedebrücke entlang der Stolpe mit dem Kloster, links, und dem Gebäude des Landratsamtes, rechts, das 1901 abbrannte und an seiner Statt 1902/03 das neue Kreishaus an der Ecke zur Wilhelmstraße entstand.
 
Die undatierte Radierung der Stolper Marienkirche von Arthur Uecker-Fensloff, mit Blick vom Markt her, kam 1931 als Geschenk in die Familie des jetzigen Eigentümers. Biographisch ist Uecker-Fensloff nicht zu ermittelt, er soll in Berlin gelebt und dort 1934 gestorben sein. Zwei weitere Radierungen des Künstlers „Norderney-Segelbuhne um 1920 und „Bäume am See“ standen im Kunsthandel unlängst zum Verkauf.
 
Das Aquarell von H.E. Rohner der Holstentormauerstraße  wurde 1942 gemalt, ein weiteres Aquarell des Motivs aus entgegengesetztem Blickpunkt aus dem Jahr 1943 stammt von M. Villert. Beide Maler sind nicht identifizierbar, ebenso wenig wie G. Lißmann, mit dem sehr stimmungsvollen Aquarell des Klosters, entstanden 1931. M. Werneke zeichnete das Mühlentor. Von Anna Gejer v. Zitzewitz (1891-1988) gibt es ein hübsches Aquarell vom Marktplatz mit dem bunten Treiben an einem Markttag; die Malerin hat nachweislich 1933 an der Ausstellung des Stolper Kunstvereins teilgenommen. Eine Schülerarbeit könnte man vermuten hinter  der reizenden, rührend unbeholfenen Farbzeichnung der Schlosskirche mit nicht lesbaren Signatur. Von  Ernst Thrun (1912-1980), gebürtigen Stolper, aus- gebildet an der Kunstgewerbeschule in Stettin, nach 1945 in Diez an der Lahn ansässig, haben sich nur in der Erinnerung an Stolp gemalte Bilder erhalten.
 
Gern wüsste man Näheres über den nicht näher identifizierbaren K[urt] Schönfeld, geboren 1906 in Glowitz, der 1930 und 1932 stimmungsvolle Aquarelle in Glowitz, Jershöft und Stolp gemalt hat, darunter ein dörfliches Idyll in Glowitz auf dem vor einem Apfelbaum in voller Blüte ein Hund in der Mittagssonne ruht, ein anderes, ebenfalls mit Glowitz bezeichnet, zeigt einen der typischen pommerschen Landwege im Sommer, ein weiteres, eine mächtige Linde vor verstreut liegenden Fischerhäusern in Jershöft und ein viertes Aquarell, einen der stillen Waldteiche in Stolp, an denen die Stadt reich war und ist.

 
Wie Jürgen Wegener (1901-1963), von dem leider kein Bild aus der Zeit vor 1945 überdauert zu haben scheint,  hat auch Siegfried Reich an der Stolpe (1912-2001)  Stolp schon in jungen Jahren verlassen Die Begegnung mit Max Pechstein, den er noch als Schüler in Leba und Rowe aufsuchte, wurde für ihn von wegweisender Bedeutung. „Er hat mich dazu ermuntert, mich professionell der Malerei zu widmen“. Auf Pechsteins Anregung entstanden erste expressionistische  Bilder in Aquarell und Rohrfeder. 1930 ging Reich zum Studium an die Kunstgewerbeschule, dann an die Hochschule für bildende Künste in Berlin, nebenbei machte er die Gesellenprüfung als Handwerker. In den Ferien malte er in Rowe und Jershöft. Seit 1932 nahm er an den Ausstellungen des Stolper Kunstvereins teil. 1933 zeigte er u.a.“Morgen an der Lupow“ und „Reusenfischer“; der Rezensent lobt die „Weiterentwicklung des S. Reich, der auf der vorjährigen Ausstellung kaum auffiel.” Diese Bilder wie das nur noch als Postkarte bekannte Ölbild „Am Garder See“, 1932, bereits mit Reich an der Stolpe signiert, gingen mit seinem Atelier in Berlin im Krieg verloren, doch einige andere Bilder aus der frühen Schaffensperiode des Malers mit Motiven aus Rowe sind erhalten und können auf der Ausstellung gezeigt werden. Wegen seiner expressionistischen Bilder seit 1937 als „entartet” diffamiert, veranstaltete  gleichwohl die Buchhandlung Klas & Buchwitz. in Stolp noch 1944 eine Ausstellung seiner Bilder. Schon seit 1933 hatte Reich an der Stolpe begonnen, auch surrealistisch zu malen. 1945 aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, lebte er seit 1946 in Frankfurt am Main. Gefördert von der Frankfurter Galeristin Hanna Bekker vom Rath, 1949 Mitbegründer der Zimmergalerie Franck, nahm er 1951 an der Ausstellung der Künstlergruppe COBRA in Lüttich teil. 1952 übernahm er das Atelier von Ernst Wilhelm Nay (1902-1968) in Hofheim am Taunus. In dieser Zeit ging er zu informeller Malerei über. Der Maler selbst nannte neben informell den Begriff emotional für sein künstlerisches Anliegen am Zutreffendsten. 1961 ließ sich Reich an der Stolpe dauerhaft in Altea in Spanien nieder. Zu den vielen Ausstellungen seit den 60er Jahren im In- und Ausland, gehörte auch eine Ausstellung in Bonn beim Stolper Treffen 1965 in Bad Godesberg mit Bildern von 1939-1945.1996 erhielt er die Ehrengabe zum Lovis-Corinth-Preis im Museum Ostdeutsche Galerie In Regensburg.
 
Für die Bilder von Dorf und Landschaft gilt das Nebeneinander von Malern verschiedener Kategorien für die diesjährige Ausstellung in gleicher Weise. Die lavierte Zeichnung, datiert [19]37, von K[arl] G[ünther] Uchland, der in den Stolper Adressbüchern als Tischler und Innenarchitekt aufgeführt wird, muss in Rowe entstanden sein. Typisch für das Fischerdorf ist das halbierte, aufrecht gestellte Boot, das die Fischer als kleinen Schuppen für verschiedene Gerätschaften benutzten. Unbekannt ist der Maler, der sein Bild von einem Bauerngehöft in Klein Franzen Kreis Schlawe mit Mani Klug.1916 signiert hat, auch wenn hinter Mani sicherlich der Vorname Hermann steckt, unbekannt auch der Maler mit nicht identifizierbarer Signatur, dessen Landschaft einmal im Gutshaus von Alt Reblin gehangen hat.
 
Das Gemälde der Kirchenruine Hoff stammt von der nahezu unbekannten, aber zweifellos hochbegabten Malerin. Margarete Schönn. Recherchen von Dr.med. vet. habil. Hermann Seils haben ergeben, dass Margarete Schönn, geboren am 4.11.1869 in Stettin und am 27.11.1913 in Stettin verstorben, 1907 Pastor Martin Mehlhorn heiratete und als Pfarrfrau in Schönermark bei Angermünde gelebt hat. Dort wurde sie auch beerdigt; ihr Grabstein an der Südostecke der Kirche steht noch heute. Pastor Mehlhorn heiratete nach ihrem Tode ein zweites mal und übernahm das Pfarramt in Penkun; dort im Pfarrhaus sollen viele Bilder der Malerin gehangen haben. Offenbar ist das Bild mit der romantischen Ansicht der „Kirchenruine Hoff“, aber das einzige Werk, das überdauert hat.
 
Otto Niemeyer-Holstein (1896-1984) fand 1933 auf Usedom sein Malerasyl. Zwischen den Ortschaften Koserow und und Zempin hatte er sich zunächst in einem ausgedienten Berliner S-Bahnwagen einen Arbeits-und Wohnplatz geschaffen, den er Lüttenort (Lütter plattdeutsch: Kleiner) nannte. Später entstand ein größeres Anwesen mit Wohnhaus, Atelier und Garten, hier lebte er zurückgezogen, aber stets im Umgang mit Künstlern und Freunden. Testamentarisch hatte Otto Niemeyer-Holstein verfügt, dass Lüttenort erhalten bleiben sollte, das Anwesen, die Bilder und alles Inventar überließ er dem Land. 2000 um einen Galerieneubau erweitert, ist der Komplex heute das „Museum Atelier Otto Niemeyer-Holstein, das Besuchern offensteht. Otto Niemeyer, der aus Kiel stammte und schon 1917 seinem Namen die geographische Bezeichnung Holstein angefügt hatte, erhielt seine künstlerische Ausbildung u.a. an der Kasseler Kunstakademie. Viele Reisen in den 20er Jahren führten in die Länder Südeuropas. Vom Expressionismus kommend, fand er in der intensiven Hinwendung zur Natur inmitten der von ihm gewählten Landschaft zu seinem eigenen Stil. Zu Malerei traten später Holzschnitt, Radierung und Lithographie. Ausstellungen vor 1933 wie nach 1945 in In- und Ausland machten den Künstler international bekannt. Aus den 1927/28 gemalten Bildern von Dievenow und der Usedomer Strandlandschaft,1938, spricht die enge Verbundenheit des Malers mit der heimischen Landschaft.
 
Herbert Tucholski (1896-1984), geboren in Konitz, besuchte seit 1913 zunächst die Kunstgewerbeschule in Berlin. Nach Teilnahme am Ersten Weltkrieg setzte er sein Studium an der Kunstakademie in Dresden, dann an der Akademie der Künste in Berlin, fort. 1929-1930 erhielt er ein Stipendium für den Aufenthalt in der Villa Romana in Florenz und der Deutschen Akademie in der Villa Massimo in Rom, die ihm 1939 den „Rompreis” verlieh Tucholski schloss sich in Berlin der „Ateliergemeinschaft Klosterstraße“ an und arbeitete hier gemeinsam mit Käthe Kollwitz Schon seit 1932 wohnte er in Prenzlauer Berg. Nach dem Krieg engagierte er sich in Ostberlin für Ausstellungen, arbeitete 1957-1959 als Mentor für Graphik am Institut für bildende Kunst der DDR in Ostberlin, von 1962-1965 als Künstlerischer Leiter der Zentralen Werkstätte für Graphik.1979 erhielt er den Nationalpreis der DDR II. Klasse für Kunst und Literatur. Als Maler und Graphiker interessierte sich Tucholski besonders für Landschaft, nicht zuletzt auch an der Ostseeküste. Motive auf Rügen, in Wismar, Stralsund, und Kolberg, dargestellt in Zeichnung, Malerei und Druckgraphik, sind Teil seines Werks. Der Linolschnitt „Dorfstraße in Rowe“, entstanden um 1934, wird auf der Ausstellung gezeigt.
 
Die meisten Bilder von Hans Hartig (1873-1936) wie Bilder mehrerer anderer Maler kommen als Leihgabe aus dem Nationalmuseum Stettin. Hartig war in seiner Zeit ein weithin bekannter Maler und noch heute sind seine Bilder begehrt und werden auf vielen Auktionen angeboten. Als Sohn eines Pastors in Karvin bei Belgard geboren, zog die Familie später nach Stolzenhagen in der Nähe von Stettin. In Stettin, dann in Gartz besuchte Hartig das Gymnasium und ging  nach dem Abitur 1895 nach Berlin. Schon als Schüler hatte zu malen begonnen und erlernte nun an der Königlichen Akademie der Künste in Berlin bei Paul Vorgang (1860-1927) die Landschaftsmalerei.1898 zogen auch Eltern und Schwestern nach Berlin. Nach kurzem Militärzeit setzte Hartig das Studium fort und wurde 1900 in die Meisterklasse von Eugen Bracht (1843-1921) aufgenommen, ihm folgte er 1902 nach Dresden.1906 kehrte Hartig nach Berlin zurück. In starkfarbiger Malerei hatte er seinen Stil gefunden. Das Bild „Odertal” auf der Grossen Berliner Kunstausstellung 1901 brachte ihm den ersten großen Erfolg, dem bald weitere in Form von Preisen und anderen Auszeichnungen folgten. Als Vertreter Deutschlands nahm er 1914 an der 11. Biennale in Venedig teil. Oft hielt er sich in Neuwarp auf, malte  und zeichnete hier wie auch in Greifenberg, Gartz, Ueckermünde und andernorts in Pommern., neben Stadtansichten, oft auch Hafenansichten, so in Stettin. Hier wurde er Mitbegründer des Pommerschen Künstlerbundes. Die Ausstellung in Kluki zeigt die Ölbilder „Entenwetter in Neuwarp“, „Im Winterhafen“ und „Blick auf Neuwarp“.
 
Otto Lang-Wollin (1881-1958)  stammte aus Kassel, besuchte dort auch die Kunstgewerbeschule und die Akademie der Künste  und ging dann nach Berlin zur künstlerischen Weiterbildung. Reisen führten ihn u.a. nach Schweden Hier befreundete er sich mit Hans Hartig und lernte durch ihn die pommersche Küste kennen, sie malten gemeinsam in Neuwarp, Dievenow und auf der Insel Wollin. Von der Landschaft auf Wollin war er so fasziniert, dass er sich dort um eine Anstellung als Zeichenlehrer am Gymnasium bemühte, die er 1902 auch erhielt. Von nun an nannte er sich Otto Lang-Wollin. Wie Hans Hartig gehörte er zu den Mitbegründern des Pommerschen Künstlerbundes. Nach Teilnahme am Ersten Weltkrieg kehrte er zunächst nach Wollin zurück, übernahm dann Anfang der 30er Jahr ein Lehramt am König-Wilhelm-Gymnasium in Stettin. Nach dem Krieg lebte er in Burgdorf bei Hannover und malte wie viele Andere auch, denen die Heimat nun verschlossen war, aus der Erinnerung Bilder aus Pommern. Lang-Wollins Bilder hingen vordem in vielen öffentlichen Einrichtungen der Stadt Stettin, er schuf u.a. auch Fresken für das Kreishaus in Cammin. Er nahm an bedeutenden Ausstellungen teil, so an der Weltausstellung in Gent 1913. Studienreisen führten ihn nach Dänemark, Schweden und Süddeutschland. Otto Lang-Wollin starb 1958 in San Remo. „Fischerboote“, „Fischkutter“, „Segelschiff“, Bilder mit  Motiven, die zu den bevorzugten Themen des Malers gehörten sowie „Kirchenruine Hoff,“ von der auch ein Ölbild von Margarete Schönn (s.o.) gezeigt wird, sind Leihgaben des Nationalmuseums Stettin.
 
Paul Dahlen (1881-1954) kam in Karlsruhe zur Welt und wuchs in Geisenheim m Rhein auf. Zunächst besuchte er in Wiesbaden die Kunstgewerbeschule, dann in Karlsruhe die Kunstakademie. Wilhelm Trübner (1851-1917) wurde auf  den hochbegabten Studenten aufmerksam und nahm ihn in seine Meisterklasse auf. Von Trübner wurde Dahlens Malstil wesentlich beeinflusst. Reisen führten ihn u.a. nach Italien, Frankreich und den Balkan. An vielen Ausstellungen in Deutschland war er beteiligt. Zwischen 1914-1919 hielt sich der Maler auch wiederholt in Groß Möllen auf; am Jamunder See im nahen Zanow und  Henkenhagen entstanden in diesen Jahren eine Reihe impressionistischer Bilder. „Am Jamunder See“, „Landschaft mit Gebäuden - Zanow“ und Am Strand in Henkenhagen“ gehören dazu. Paul Dahlen lebte seit 1919 wieder in Wiesbaden. Als „Rheinmaler” in Künstlerkreisen bekannt, übernahm er auch Auftragsarbeiten u.a. für öffentliche Gebäude, z.B. für das Wiesbadener Rathaus. Im Nassauischen Kunstverein war er lange Jahre Mitglied des Vorstands.
 
Von Immanuel Meyer-Pyritz (1902-1974) stammt das Bild „Teilansicht des Pulverturms in Greifenberg“. Geboren in Berlin als Sohn des Bildhauers Martin Meyer-Pyritz (1870-1942), wuchs Meyer-Pyritz bei Verwandten in Pommern auf. Als Maler und Graphiker bevorzugte er pommersche Landschafts- und Stadtmotive. 1955 gründete er die Berliner Abteilung der Gesellschaft für pommersche Geschichte, Altertumskunde und Kunst und wurde 1970 ihr Ehrenmitglied. Meyer-Pyritz organisierte Ausstellungen der Gesellschaft und verfasste die Kataloge. Als Dozent wirkte er an der Berliner Kunstakademie. 1971 wurde ihm in Anerkennung seiner kulturhistorischen Arbeiten der Pommersche Kulturpreis der Pommerschen Landsmannschaft verliehen.
 
Max Kühn (1881-?1970) , geboren in Stettin, nach 1945 in Stuttgart, erhielt seine künstlerische Ausbildung 1911-1914 an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums in Berlin. Kühn war in erster Linie Landschaftsmaler seiner pommerschen Heimat. Von impressionistischem Malstil zum Expressionismus und zur Neuen Sachlichkeit gekommen, kehrte er später zur Malweise seiner Anfangszeit zurück, „ im Geiste der norddeutschen Romantik eines Caspar David Friedrich“. Die Ausstellung zeigt „Pommersche Landschaft mit megalithischem Grab“ , entstanden 1926.
 
„Pommersche Landschaft“ zeigen auch zwei Bilder von Otto Tarnogrocki (1875-1949). Der Maler stammte aus Lobsens im früheren Kreis Schneidemühl und lebte, nach Studium an den Kunstakademien in Weimar, Stuttgart und Paris, seit 1904 in Stettin. Tanogrocki malte  bevorzugt pommersche Landschaft, und Stettiner Hafenszenen.
 
Julo Levin (1901- ?1943), geboren in Stettin als Sohn jüdischer Eltern, begann, obwohl sein zeichnerisches Talent früh zu erkennen war, auf Wunsch der Eltern zunächst eine kaufmännische Lehre, besuchte dabei abends die Kunstgewerbeschule, entschied sich dann aber ganz für eine künstlerische Ausbildung und begann 1919 das Studium an der Kunstgewerbeschule in Essen, der späteren Folkwangschule. Er folgte seinem Lehrer Jan Thorn Prikker nach München und 1923 auch an die Kunstakademie in Düsseldorf , dort wurde er Meisterschüler von Heinrich Nauen (1880-1940). 1926 schloss er sein Studium ab und erhielt erste Aufträge. Es folgten Studienreisen nach Paris und Südfrankreich. Levin war Mitglied der Künstlergruppe „Das junge Rheinland”, der späteren „Rheinischen Sezession” und hatte mit ihr bis 1933 eine Reihe von Ausstellungen. In Stettin wurde Levin 1930 auch Mitglied der gerade gegründeten Künstlergruppe „Das neue Pommern” und nahm an der ersten Ausstellung teil. Nach 1933 konnte er nur noch selten ausstellen, bis er endgültig mit Mal- undAusstellungsverbot belegt wurde. Politisch links stehend, gehörte er der „Assoziation Revolutionärer Bildender Künstler Deutschlands” an und wurde 1933 verhaftet. Nach der Entlassung ließ er sich heimlich als Schreiner ausbilden, in der trügerischen Hoffnung, seine Existenz mit diesem Beruf sichern zu können. Zunächst arbeitete Levin aber als Zeichenlehrer an jüdischen Schulen in Düsseldorf, dann in Berlin, bis 1941/42 alle jüdischen Schulen geschlossen wurden. Dank des mutigen Einsatzes von Mieke Monjau sind zahlreiche Bilder, Aquarelle und Zeichnungen der Schüler Levins aus diesen Jahren gerettet worden. Unter dem Titel „Verjagt - ermordet” hat Mieke Monjau die Zeichnungen nach 1945 in vielen Ausstellungen gezeigt. Julo Levin arbeitete zuletzt als Hilfsarbeiter für die jüdische Gemeinde in Berlin und musste Fenster und Türen beschlagnahmter jüdischer Wohnungen und Häuser reparieren. Am 7. Mai 1943 wurde er verhaftet und zehn Tage später nach Auschwitz deportiert, wo sich seine Spur verliert. Rechtszeitig zu emigrieren wie auch ein Abtauchen in die Illegalität hatte er stets abgelehnt. Die Stettiner Bilder, entstanden zumeist um 1930 , nehmen in Levins Werk einen bedeutenden Platz ein, kehrte der Maler in den Ferien doch immer in seine Geburtsstadt zurück. Drei dieser Bilder „Oderbrücke in Stettin”, „Stettiner Hafen“ und „Müßiggänger an der Oder“ können auf der Ausstellung gezeigt werden.
 
Auch Eugen Dekkert (1865-1956) war gebürtiger Stettiner, absolvierte wie Julo Levin zunächst eine kaufmännische Lehre, studierte dann an der Münchener Kunstakademie und ging 1899 nach Glasgow an die School of Arts. Die schottische Küstenlandschaft inspirierte ihn und nimmt in seinem Frühwerk breiten Raum ein. Nach der Rückkehr nach Deutschland lebte und arbeitete Dekkert in München, von 1914-1937 in Diessen am Ammersee, seit 1937 in Garmisch-Partenkirchen. Seine Landschaftsbilder von Ammersee und Alpen, wurden auf vielen Ausstellungen in In- und Ausland gezeigt. Schon 1901 auf der Internationalen Jubiläumsausstellung in München hatte Dekkert die Goldmetaille erhalten. Nach dem Ersten Weltkrieg malte er auch in Oberitalien, Hafenstädte wie Chioggia zogen ihn besonders an. Wie Hartig und Meyer-Pyritz war Dekkert 1916 Mitbegründer des „Pommerschen Künstlerbundes“ in Stettin, u.a. war er auch Mitglied des Stettiner Museumsvereins und beteiligte sich an den Ausstellungen. Vom Städtischen Museum im Stettin war Dekkert ein Atelier zur Verfügung gestellt worden, hier malte er impressionistische, lichtdurchflutete Bilder von Stettin und dem Stettiner Hafen, doch auch ein Motiv wie „Kartoffelernte“, das hier gezeigt werden kann.

 
Der Berliner Maler Carl Hessmert (1869-1928), geboren in Fürstenberg, studierte an der Berliner Akademie der bildenden Künste, besonders bei Eugen Bracht (1842-1921). Seit 1896 stellte er bei der Großen Berliner Kunstausstellung,1902 auch in der Münchener Sezession und 1907/08 im Münchener Glaspalast aus. Hessmert malte in impressionistischer Auffassung Motive in der Berliner Umgebung und pommersche Küstenlandschaft, besonders im Vorfrühling und im Winter wie auf dem hier gezeigten Bild „Dorf im Schnee”.

 
Ernst-Albert Fischer-Cörlin (1853-1932), Berliner Maler, nannte sich nach seinem Geburtsort Cörlin bei Köslin. Ausgebildet an der Akademie der bildenden Künste in Berlin und viele Jahre Meisterschüler von Anton von Werner (1843-1915), malte er wie dieser in akademischer Auffassung. Auf der Großen Kunstausstellung in Berlin war Fischer-Cörlin regelmäßig mit Landschafts-Volks- und Genreszenen vertreten. Die stimmungsvolle „Dorfstraße” wird in seiner Heimat gemalt worden sein.

 
 „Schneeschmelze“ von L. Lejeune wie auch „Schivelbein- Landschaft mit Blick zur Burg“ von R. Tews –sind  Arbeiten unbekannterer Maler. Gleichwohl passen sie gut in das Konzept dieser Ausstellung, die aus der Fülle von Bildern pommerscher Landschaft aus den Jahren 1900 -1945 die Besucher gleichermaßen mit Werken „kleinerer” und „größerer” Maler bekannt machen möchte.

 

Isabel Sellheim

Quellen
Adressbuch der Stadt Stolp im Pommern. Jg. 1911 ff.
Ausstellung Reich a. d. Stolpe in Bad Godesberg. In: Stolper Heimatblatt. Jg. XVIII. Nr. 7. Lübeck Juli 1965
Bade, Johannes, Ostpommersche Kunstausstellung im Jugendheim im November 1933. In: Stolper Heimatblatt. Jg. 7. Nr. 12. Dezember 1954
Bade, Johannes, Willi Hardt – ein Mensch und Maler der Heimat. In: Stolper Heimatblatt. Jg. XIII. Nr. 1. Januar 1960
Die Galerie. Frankfurt am Main. Reich an der Stolpe. Retrospektive 1946-1999
Fischer-Cörlin, Ernst Albert. In: Thieme-Becker, Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler. Bd. 12. Leipzig 1916
Gutsche, Edda. Malarze, miejscowości i widoki Pomorza Zachodniego w pierwszej połowie XX wieku. Część 1. Maler, Orte Und Landschaften in Hinterpommern In der ersten Hälfte des 20. Jahrhundertes. Teil 1. Pruszcz Gdański 2010
Galerie der Berliner Graphikpresse. Herbert Tucholski (1896-1984). 2009
Ganske, Willy, Die Pommerschen Maler. Hans Hartig. In: Unser Pommerland.
Jg. 1912/13. H.
Hardt, Willi, Der Malerwinkel am Garder See. In: Unser Pommerland. Jg. 16. September 1931.H.9
Kunstausstellung 1933. Dem Gedächtnis Willy Hardt‘s gewidmet. In: Zeitung für Ostpommern. 12.11.1933
Kunstverein Stolp. Führer durch die Ausstellung. Vom 1. Juni bis 15. Juni 1919.
Kunstverein Stolp. Zweite Kunstausstellung vom 16. Mai bis 6. Juni 1920
Isabel Sellheim. Rowe- das Worpswede Hinterpommerns. In: Stolper Heft 2002
Siegfried Reich a. d. Stolpe. In: Rundbrief Segel-Club-Stolp. Sommer 1956
Stiftung Pommern. Katalog der Gemälde.[Bearbeitet von] Renate Paczkowski. Kiel 1982
v.d. Busssche-Daniels, Helga, Nachruf. Siegfried Reich an der Stolpe. In: Vereinigte Staatl. Lessingschule Stolp. Rundbrief 66. 2002

Mitteilung Joachim Hardow. Langen-Imsum
Mitteilung Wolfgang Lublow. Herford
Mitteilung Dr. med. vet. habil. Hermann Seils. Richtenberg

Bildnachweis im Text
Willi Hardt. Selbstbildnis, nach 1918. Entnommen aus: Stolper Heimatblatt . Jg. XIII. Nr. 1. Januar 1960, S. 6

Siegfried Reich an der Stolpe. Foto des Künstlers 1946. Entnommen aus: Die Galerie. Frankfurt am Main. Reich an der Stolpe. Retrospektive 1946-1999, S. 47

Grabstein von Margarete Schönn auf dem Friedhof in Schönermark. Foto: Dr. med.vet. habil Hermann Seils 2012

Otto Niemeyer-Holstein. Foto des Künstlers. Entnommen aus:  Homepage  des Atelier Otto-Niemeyer-Holstein 2012

Herbert Tucholski. Selbstbildnis 1927. Entnommen aus: Einladung Ostdeutsche Kunstauktionen. Berlin 2011

Hans Hartig. Foto des Künstlers. Entnommen aus: Unser Pommerland. 1912/13. H. 9, S.352

Julo Levin. Foto des Künstlers. Entnommen aus: Ostdeutsche Gedenktage 2001/02, S.107

Signatur Ernst-Albert Fischer-Cörlin. Entnommen aus: Auktionshaus Bergmann. Künstlersignaturen. Katalog 563

Eröffnung des Museumshofes „Albrecht“ 2008 in Schwolow (Waltraud Schlichting)

Sie waren viel zu sparsam

 

Die im vorigen Jahr nach unserem Besuch angekündigte Fahrt zur Eröffnung des Museumshofes in Schwolow, Kreis Stolp, wurde wahr. Die sehnlichst erwartete Einladung des Mittelpommerschen Museums in Stolp kam Ende Januar 2008 und die Vorbereitungen konnten beginnen. Meine Mitarbeit war weiterhin gefragt und einige Faxe zum Thema Einrichtung für Haus und Gebäude gingen hin und her.

 

Am 24. Juni 2008 ging die Busreise mit 44 Personen los. Wir übernachteten wieder in dem sehr schönen Hotel Lubicz in Stolpmünde. Am nächsten Tage unternahmen wir eine Dörfer-Rundfahrt nach Groß Brüskow - Grünhagen – Klein-Brüskow - Schwolow - Mützenow - Dünnow. Picknick machten wir in Schwolow. Der Bus hielt vor dem Hof Nr. 7, dem Hof meines Patenonkels Friedrich Albrecht I., auf dem meine Mutter Auguste, geb. Albrecht geboren wurde. Auf der Wiese vor dem Dorfteich standen Tische und Bänke. Zwei Tage vor der Eröffnung wurde überall fleißig gearbeitet und das Dorf verschönert. Das Albrechtsdorf, wie es früher genannt wurde, wurde auf Hochglanz gebracht.

 

Herr David Gonziarz und Herr Robert Kupisiński vom Mittelpommerschen Museum kamen, um mit uns die letzten Vorbereitungen für die Eröffnung zu besprechen. Bei der abschließenden Rundfahrt durch das Dorf erklärten meine Freundin Christa Isler und ich den Mitreisenden, wo die „Albrechts“ in Schwolow gewohnt haben. An der Eröffnung für geladene Gäste nahmen teil: meine Familie, Christa Isler, Renate, geb. Hoffmeister und Arnold Albrecht mit Frau. Als wir ankamen, waren wir überrascht über die vielen geladenen Gäste aus Verwaltung, Wirtschaft und Kultur aus der ganzen Region. Im ehemaligen Garten hinter der Hoflage war ein Pavillion aufgebaut, in dem eine Blaskapelle zur Begrüßung spielte. Davor saßen die Ehrengäste, um den Ansprachen und Ehrungen zu lauschen. Auch ich wurde gebeten, eine Ansprache zu halten im Namen der Familie Albrecht und den ehemaligen Bewohnern. Sie wurde - abschnittsweise - von Herrn Robert Kupiński ins polnische übersetzt:

 

Meine Damen und Herren, liebe Freunde!

 

Zuerst möchte ich Danke sagen für die Einladung zu dieser Eröffnungsfeier. Sehr gefreut habe ich mich über das Engagement der Mitarbeiter des Mittelpommerschen Museums in Stolp. Ich bin begeistert und staune über die Arbeit, die hier in so kurzer Zeit auf dem Hof meiner Verwandten geleistet wurde.

 

Gerne war ich bereit, mit meinen Erinnerungen und Erfahrungen aus meiner Kindheit und Jugendzeit in Mützenow und Schwolow mit Rat und Tat zu helfen. Geholfen haben mir auch die vielen Gespräche mit meiner Freundin Christa Isler und mit meiner Cousine Irene Zessin und anderen guten Freunden.

 

Nun zu meiner Beziehung zur Albrecht-Familie: Bekannt ist vielleicht, dass Schwolow das „Albrechtsdorf“ genannt wurde. Damit man sie auseinander halten konnte, hatten die Höfe zum Teil Beinamen. Auf diesem Hof Nr. 8, der „Michelshof“ hieß, wurde meine Großmutter Karoline Albrecht geboren. Sie heiratete Peter Albrecht vom Hof Nr. 7, dem „Peterhof“, auch „Pütt-Peiter“ genannt. (Die Pütt ist der Bach, der in den Dorfteich fließt.) Die Nachbarhöfe waren auch verwandtschaftlich verbunden. Dazu ein altes pommersches Sprichwort: Heirate über den Mist, da weißt du, woran du bist.

 

Nun zu dem Leben im Dorf vor 1945.

 

In Erinnerung sind geblieben die Feste und Feiern wie Geburtstage und Hochzeiten, Ostern und Weihnachten mit allen Sitten und Gebräuchen, zu denen die große Familie zusammen kam: die Albrechts, Zessins, Müllers und Freunde wie die Islers …

Aber es war auch ein arbeitsreiches Leben. Oft mußte ich schmunzeln, wenn nach dem Leben der „wohlhabenden, reichen“ Bauern gefragt wurde. Z.B. ob sie zu den Pferderennen nach Danzig gefahren sind oder ins Casino gingen: sie waren viel zu sparsam. Aller Verdienst wurde wieder in die Wirtschaft gesteckt. Es wurden Pferde gezüchtet, Herdbuchvieh (Kühe) gehalten, usw.

Alle Dorfbewohner waren tüchtig und fleißig, ob großer oder kleiner Bauer, Landarbeiter oder Handwerker. Jeder war wichtig und hatte seine Aufgabe zu erfüllen. Das bekamen wir schon als Kinder zu spüren mit großen und kleinen Pflichten, je nach Alter. Es gab auch keinen Urlaub, wie man ihn heute kennt …

Eine Besonderheit Schwolows war, dass es keinen Dorfgasthof gab! Nach Auffassung der Bauern, die konservativ und in Glaubensdingen sehr moralisch waren, hätte so ein Gasthof einen schlechten Einfluss auf die Jugend gehabt. Darum gab es einmal im Jahr ein großes Waldfest und das Erntefest. Dann wurden auf Kosten der Bauern alle Dorfbewohner mit Essen und Trinken bewirtet. Es gab Tanz und Vergnügungen für Kinder und Erwachsene.

Der große Einschnitt kam für uns mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges, der für die meisten mit Flucht und Vertreibung verbunden war. Aus dieser Zeit haben wir alle unsere eigenen Erlebnisse, die hier heute keinen Platz haben sollen. Nach 30 Jahren Neuanfang durften wir 1977 endlich wieder nach Pommern fahren.

 

Das waren schon gemischte Gefühle. Seit dieser Zeit fahre ich immer wieder gern in meine Heimat, freue mich über die schöne Landschaft, den Ostseestrand in Stolpmünde und denke an die Zeit in Mützenow, Schwolow und Stolp.

 

An dieser Stelle möchte ich ein Zitat aus dem Buch meines Bruders, Klaus Granzow, „Bei uns im Dorf“ vorlesen:

 

„Nicht nur Melancholie und Wehmut, an die Heimat zu denken, sondern auch mit Heiterkeit und Fröhlichkeit. Denn was den pommerschen Menschen vor allem auszeichnete, war sein trockener Humor, und ich glaube, es gibt nichts Schöneres, als den in seiner Einmaligkeit immer wieder aufleben zu lassen. Humor und trockener Witz sind auch gute Wegbereiter für eine gegenseitige Verständigung. Sie schlagen leicht die Brücken zu den Herzen der Menschen in anderen Gegenden und fremden Ländern. Denn gelacht wird natürlich in Köln, Hamburg, Berlin wie einst bei uns in Pommern und im heutigen Słupsk“

Enden möchte ich mit einem Gedicht meines Bruders, das nach einem gemeinsamen Besuch entstanden ist:

 

Gang durch pommersches Land

 

Siehst Du den graden Weg dort vorn?

Er scheint mir so vertraut, bekannt.

Ein Feld voll Gras, ein Feld voll Korn:

Wie fruchtbar ist dies Land.

 

So durch den Morgen hinzuziehn,

die Ähren streifen durch die Hand

Ein Streifen gelb, ein Streifen grün:

Wie schön ist dieses Land.

 

Ich wandere und schau und schau,

ganz fern blinkt schon das Meer,

der Strand.

Die Brandung weiß, der Himmel blau:

Wie liebe ich dies Land.

 

Danach gingen alle vor das Eingangstor, das mit einem rotweißen Schleifenband verschlossen war. Es wurde feierlich durchschnitten und damit war das Projekt eröffnet und die Besichtigung konnte beginnen. Wir waren alle begeistert, was dort die Mitarbeiter und die Leitung der ethnologischen Abteilung geleistet hatten. Aus der Baustelle vom Vorjahr war ein kompletter Bauernhof geworden, wie er bis 1945 bestanden hatte. Alles war wieder original aufgebaut!

 

Der Vierkanthof besteht aus sechs Gebäuden. Im Torgebäude ist die Verwaltung untergebracht. Im Obergeschoß gibt es eine Ausstellung über die Historie des Dorfes und des Hofes Nr. 8 mit Dorfplänen, Flurplänen und Fotos.

 

Ein alter Balken ist am Eingang wieder eingearbeitet worden mit folgender Inschrift:

 

B.H.G.A. 1924 B.M.C.Z (Bauherr Gerhard Albrecht 1924 Baumeister Carl Zessin ). Links ist die große Scheune im Fachwerkstil, in der Landmaschinen ausgestellt sind. Am Ende ist der Hühnerstall und im Obergeschoß der Getreidespeicher. Rechts sind die Stallungen für Pferde, Kühe und Schweine. Über die Galerie kommt man in die oberen Räume, in denen früher das Futter gelagert war. Jetzt werden sie als Ausstellungsräume genutzt, z. B. für Geräte zum Bierbrauen, zum Weben mit selbstgewebten Erzeugnissen aus Schwolow, Mützenow und Umgebung. Denn es wurde auf jeden Fall die gesamte Aussteuer gewebt: vom Anbau des Flachses bis zum Endprodukt.

 

Dazu waren historische Fotos ausgestellt und zu unserer Freude auch die „Stolper Tracht“ meiner Cousine Paula, geb. Zessin, aus Schwolow, deren Töchter Christa und Ortrud auch mitgekommen waren. Das Modell der Tracht wurde in der Landwirtschaftsschule in Stolp entwickelt und von den Schülerinnen dort auch gewebt und genäht. Eine Mitarbeiterin des Museums hatte die fehlende Bluse nach einem Foto nachgearbeitet.

 

Gegenüber dem Torhaus befindet sich das große Bauernhaus. Es zeigt, wie ein wohlhabender pommerscher Bauer gelebt hat. Es ist nach alten Vorlagen beeindruckend renoviert worden.

 

Im Flur ist ein Wandbild in Öl. Es zeigt ein Bauernpaar, gemalt vom Schwolower Malermeister Baller. Links geht es in die Amtsstube. Gerhard Albrecht war der letzte Bürgermeister des Ortes. Von dort geht es in die „gute Stube“, ausgestattet mit Buffetschrank, Vertiko, Standuhr, Sofa und großem Esstisch. Dahinter liegt das Schlafzimmer mit einer Waschtoilette.

In der Küche steht der alte Kachelherd mit der Verzierung: „Friede am Herd ist Goldes wert“. Auf der rechten Seite des Hauses sind die Altenteilwohnräume: Wohnzimmer, Schlafzimmer und Küche. Im Obergeschoß sind zwei Fremdenzimmer - früher die Mädchenzimmer - für Referenten und Ethnologen und Räume für periodische Veranstaltungen.

 

 

In der Mitte des Hofplatzes ist Platz für einen Dunghaufen, denn im nächsten Jahr sollen auch Tiere in die Ställe kommen. Außerhalb des Hofplatzes steht das ehemalige Backhaus. Es wurde erweitert und zu einer Gastwirtschaft für 40 Personen ausgebaut. Es heißt „Zum fröhlichen Pommern“. Dort gab es nach der Besichtigung für alle Ehrengäste ein reichhaltiges Essen mit vielen Spezialitäten. Die Feierlichkeiten gingen am 28. und 29. Juni weiter und waren ein voller Erfolg.

 

Die Vorfahren der Familie Albrecht sind nachweislich seit 1659 ansässig. 1921 übernahmen Gerhard Albrecht und Herta, geb. Schulz, den Hof. Für die jahrhundertlange Ansässigkeit wurden neun Bauern aus Schwolow bei einer Feier 1934 mit einer Ehrentafel aus Eichenholz ausgezeichnet darunter auch Gerhard Albrecht vom Michelshof.

 

 

Wie wurde nun aus dem „Albrechtsdorf“ die Hauptstadt des „Karierten Landes“? Bei einer Fotoausstellung des Vereins für Denkmalspflege 1995 in Stolp über die reizvolle Gegend des Küstengebietes zwischen Rügenwalde und Leba, der die Schönheit der traditionellen Bauweise der Dörfer zeigte, kam der Begriff für Fachwerk „Kariertes Land“ auf und verankerte sich im Bewusstsein der Menschen. Dazu gehörten auch Bilder aus Schwolow.

 

Das „karierte Land“ sollte zu einem touristischem, wirtschaftlichen Merkmal entwickelt werden. Schwolow hatte ein hohes Potential an erhaltenen Vierkanthöfen in Fachwerkweise. So wurde hierfür 1997 ein Projekt zur Förderung des ländlichen Tourismus entwickelt. Nach zweistufigem Ausscheidungsverfahren wurden von der Europäischen Union die Mittel bewilligt zur Bewirtschaftung der Umgebung des Dorfteiches, mit der Auflage, das Dorf unter denkmalpflegerischen Schutz zu stellen.

 

Im März 2002 übernahm das Mittelpommersche Museum das Grundstück Nr. 8 in Schwolow. Die Mitarbeiter der ethnologischen Abteilung sahen sich vor eine große Herausforderung gestellt, denn die Gebäude waren schon in einem schlechten Zustand. Das Konzept war, das Gehöft eines wohlhabenden pommerschen Bauern wieder herzustellen. Nun ging es an die Beschaffung der Gelder. Da ging es zum Einen um Geld aus dem EU-Fonds zur „Entwicklung von Kultur und Tourismus“ und zum Anderen beim Marschallamt in Danzig um Fördermittel der regionalen Programme.

 

2005 bekam das eingereichte Konzept der ethnologischen Abteilung von der Woiwodschaft Pommern den 1. Platz für die „Stärkung des touristischen Potentials“ des Karierten Landes und die Rekonstruierung des Albrecht-Hofes in Schwolow. So konnte 2006 mit dem Projekt begonnen werden. Das Ziel: Ein Zentrum zur Förderung der pommerschen Kultur zu schaffen.

Es begann 2006 eine schwere und langwierige Arbeitsphase, die mit der feierlichen Eröffnung endete. Aber es soll nun weitergehen. Neue Projekte sind geplant. So wird z.B. eine Schmiede ins Dorf geholt, ein Backofen gebaut, in dem hoffentlich pommersches Gerstelbrot gebacken wird und ein mittelgroßes Bauerngehöft rekonstruiert werden soll. Meine Freunde und ich hoffen, dem Museum noch lange behilflich sein zu können.

 

 

So gibt es zur nächsten Einweihungsfeier vielleicht wieder eine Reise ins Pommerland.

 

 

Waltraud Schlichting,

Wischhofsweg 31d,

22523 Hamburg

Pommersches Landesmuseum in Greifswald

Das Pommersche Landesmuseum in Greifswald widmet sich der Geschichte, Kultur und Kunst Pommerns. Einer der Höhepunkte der ständigen Ausstellung ist der Croy-Teppich aus dem 16. Jahrhundert.

Heimatstube Stolp in Bonn

Ein Museum der besonderen Art ist die Stolper Heimatstube. Auch hier sind Ausstellungsstücke zur Kultur und Kunst während der Öffnungszeiten zu besichtigen.