Zur Geschichte von Arnshagen bis 1945
Arnshagen hat schon zur Zeit der Gründung der Stadt Stolp im Jahre 1310 bestanden. Es gehörte zu den sogenannten Hagendörfern im Stolper Land, die von deutschen Einwanderern gegründet worden sind. Das Dorf Arnshagen und der Hafen Stolpmünde wurden von den Rittern Jesko, Herrn von Schlawe und Jesko von Rügenwalde 1337 an den Magistrat der Stadt Stolp verkauft und wurde so zu einem städtischen Eigentumsdorf.
Mit je 1 13/36 Lehen sind in der Hufenklassifikation (1717) genannt:
1. Peter Albrecht, Schultz | 6. Peter Albrecht |
2. Peter Hildebrandt | 7. Peter Hildebrandt (jun.) |
3. Jacob Hildebrandt | 8. Jacob Albrecht |
4. David Albrecht | 9. Peter Hildebrandt (sen.) und |
5. Michel Kalff | Cossäth Daniel Gorbe |
Um 1784 hatte Arnshagen nach Brüggemann einen Prediger, einen Schulmeister, neun Bauern, die keine Naturaldienste leisteten, sondern Dienstgeld zahlten, eine Schmiede und insgesamt 16 Feuerstellen.
Im Zuge der Bauernbefreiung wurde durch Rezeß vom 31. Januar 1821 den damaligen Pachtbauern die landwirtschaftlich genutzten Flächen und Höfe gegen eine jährliche Rente überlassen.
In diesem Rezeß werden neben den 9 Bauern
1. dem Schulzen und Bauer Jacob Albrecht
2. dem Bauern Jacob Freise
3. dem Bauern Martin Albrecht
4. dem Bauern Christian Albrecht
5. dem Bauern Michael Hildebrandt
6. dem Bauern Johann Hildebrandt
7. dem Bauern Jacob Hildebrandt
8. dem Bauern Hans Hildebrandt
9. dem Bauern Peter Albrecht
noch der Schmied Carl Tilly und der Prediger Blaurock, welcher sich fachlichen Beistand durch den Gutsbesitzer Carl Meske aus Groß Strellin gesucht hatte, namentlich genannt.
Der folgende Dorfplan zeigt die Höfe des Kämmereidorfes im Jahr 1824, also kurz nach dem Jahr des Rezesses.
Kämmerei-Dorf Arenshagen
Nr. 1 Büdner Michael Manteuffel
Nr. 2 Schmiede des Johann Küttner
Nr. 3 Bauernhof des Johann Küttner, Michael Wittenburg, David Albrecht und Martin Albrecht
Nr. 4 Hirtenhaus
Nr. 5 Haus des Schulz Jacob Albrecht
Nr. 6 Bauer Johann Hildebrandt
Nr. 7 Büdner Peter Albrecht
Nr. 8 Bauer Jacob Hildebrandt
Nr. 9 Bauer Hans Hildebrandt
Nr. 10 Bauer Peter Albrecht
Nr. 11 Büdner Jacob Albrecht
Nr. 12 Bauer Michael Hildebrandt
Nr. 13 Holzwärterwohnung
Nr. 14 Schulhaus
Nr. 15 Büdner Jacob Hildebrandt und Michael Kunde
Nr. 16 Kathen des Schulz Jacob Albrecht
Nr. 17 Bauer Christian Albrecht
Nr. 18 Bauer Martin Albrecht
Nr. 19 Bauer Jacob Freyse
Nr. 20 Büdner Martin Hildebrandt
Nr. 21 Wohnung des Schweinehirten
Nr. 22 Büdner Jacob Seils
aufgenommen im August 1824
Die seit 1850 geschaffenen Rentenbanken haben im Laufe des 19. Jahrhunderts die völlige Ablösung der Reallasten und die Auflösung des Verhältnisses zwischen der Stadt und den ehemaligen Kämmereigütern vermittelt. So wurde aus dem städtischen Eigentumsdorf ein Bauerndorf. Im Jahr 1939 hatte es 60 landwirtschaftliche Betriebe.
Auf einem Festakt in Starkow wurden am 10. Mai 1934 Vertreter von 131 pommerschen Bauernfamilien geehrt, deren Familien nachweislich über 200 Jahre auf ihren Höfen gesessen haben.
Aus Arenshagen waren dies:
Reinhold Albrecht | 1616 | Richard Hildebrandt | 1717 |
Friedrich Hildebrandt | 1698 | Ferdinand Albrecht | 1717 |
Im letzten Güteradressbuch werden namentlich genannt:
Ernst Albrecht | 26 ha | Friedrich Hildebrandt | 20 ha |
Ferdinand Albrecht | 32 ha | Richard Hildebrandt | 27 ha |
Reinhold Albrecht | 27 ha | Fritz Küttner | 33 ha |
Wilhelm Albrecht | 26 ha | Franz Papenfuß | 28 ha |
Heinrich Bodtke | 25 ha | Reinhold Papenfuß | 20 ha |
Edmund Hildebrandt | 32 ha |
Daneben werden im Reichsadressbuch 1940/41 die folgenden Betriebe und Einrichtungen verzeichnet:
Ländliche Spar- und Darlehenskasse EGmbH | Schneider Karl Hildebrandt |
Arnshagener Molkerei EGmbH | Tischler Artur Rahn |
Gasthof Max Albrecht | Tischler H. Ratzke |
Mühle Karl Wilke |
In den letzten Tagen bevor die sowjetische Armee am Vormittag des 8. März 1945 Arnshagen besetzt hat, zogen endlose Flüchtlingstrecks aus Ost- und Westpreußen und den benachbarten südlichen Kreisen durch den Ort. Am Abend des 7. März war der Ort so voll, „dass jeder Winkel belegt war und viele Pferde draußen bleiben mussten“. Am folgenden Morgen um 7 Uhr brachen die Bewohner selbst zur Flucht auf. Der Dorftreck zog über Bedlin, Klein Machmin ostwärts, wurde dann aber vor Wobesde von den sowjetischen Einheiten überrollt. Und so kehrten sie in ihr Heimatdorf zurück. Unzählige Flüchtlinge waren am Morgen im Ort zurückgeblieben. Ein Sprengkommando hatte die Stolpebrücke gesprengt, nachdem die letzten Trecks die Brücke passiert hatten. Die deutschen Bewohner, deren Familien seit undenklichen Zeiten im Dorf ansässig waren, wurden vertrieben, u.a. mit Transporten, die von Stolp am 10. Dezember 1945 und 5. Juni 1946 abgingen. Bis 1947 wurden die übrigen Bewohner vertrieben. Die Heimatortskartei Pommern hat später 150 von ihnen in der Bundesrepublik Deutschland ermittelt und 106 in der DDR.
Kirche
Der Ort wird 1337 durch Jesko v.Schlawe und Jesko v. Rügenwalde an Stolp verkauft. Für 1412 ist Petrus Hoghedorp als Pfarrer bezeugt, 1539 und 1566 werden Visitationen erwähnt. Filial war Groß Strellin, aus welchem 1281 der Zehnt an Belbuck verliehen wurde, 1286 wird Strellin Besitz des Stolper Nonnenklosters, 1366 sind die v. Puttkamer Besitzer in Strellin. Im Jahre 1364 wird Johannes Gerwin als Pfarrer genannt, 1493 die Pfarrer Stortewin Brandt und Nicolaus Pape. Das Patronat der Kirche hat Kloster Belbuck Es war offenbar Groß Strellin selbständiges Kirchspiel, was auch aus der Matrikel von 1590 hervorgeht. Es dürfte nach 1590 Filial von Arnshagen geworden sein.
Pagel beschreibt die Kirche von Arnshagen wie folgt:
„Die Kirche in Arnshagen ist, mitten im Dorf gelegen, ein Fachwerkgebäude mit massiven mittelalterlichen Turm. Das Fundament des Turmes besteht aus Feldsteinen, das Mauerwerk aus Ziegeln mit Feldsteinen untermischt. Das Dach bildet ein spitzer schindelgedeckter Helm. Um etwa 1400 dürften Turm und Mittelschiff entstanden sein. Die beiden Seitenschiffe (das nördliche von 1847 und das südliche 1863 erbaut) sind nicht einmal hundert Jahre alt. Der Altar hat einen Barockaufbau in üblicher Anordnung mit dem Abendmahl im Unterbau, der Kreuzigung im Mittelteil und der Auferstehung im oberen Aufbau. Er stammt aus dem 17. Jahrhundert. Neben dem Altar befand sich ein Gestühl, das laut Jahresangabe 1625 gefertigt worden ist. Zur übrigen Innenausstattung gehörten ein Taufbecken aus Messing mit der Darstelllung der Verkündigung Mariä, die beiden Holzschnitzwerke Christus am Kreuz und Maria mit dem Jesuskind sowie die Abendmahlsgeräte, 1 verguldet kellik und 1 verguldet patene, die schon 1546 erwähnt werden. Sie bleiben der Gemeinde bis 1945 erhalten. Eine der Glocken war mittelalterlich, die andere stammte aus dem 17. oder 18. Jahrhundert. Neben der Kirche lag das Pfarrhaus, Ein Fachwerkbau aus dem Jahre 1825.“
„Die Pfarre Arnshagen umfasste die Kirchengemeinden Arnshagen und Groß Strellin. Das Kirchspiel hatte 1940 fünf eingepfarrte Ortschaften bzw. Ortsteile mit zusammen 1755 Gemeindemitgliedern. Eingepfarrte waren Hohenstein und Überlauf und die Kirchgemeinde Groß Strellin die Ortschaft Klein Strellin. Auch der Ortsteil Neumühl der Gemeinde Flinkow unterstand der Pfarre in Arnshagen. Das Patronat von Arnshagen übte der Magistrat von Stolp als Alleinwahlberechtigter und von Groß Strellin der Rittergutsbesitzer Mach-Groß Strelin aus. Gottesdienste wurden an allen Sonn- und Feiertagen in beiden Kirchen gehalten. Als Kirchspiel gehörte Arnshagen zum Kirchenkreis Stolp-Stadt. Die Dorfbevölkerung war evangelisch. Im Jahre 1925 lebten in Arnshagen 5 Bewohner katholischer Konfession (1,3 v.H.).“
Die Orgel wurde vom Christian VÖLKNER um 1870 gebaut, der damit seine eigene Orgelbauwerkstatt in Dünnow gründete.
*1831 Dünnow, +31.7.1905; Sohn des Gemeindevorstehers Voelkner (Bauer, Tischler und Klavierstimmer), Lehre in der Orgelbauanstalt BUCHHOLZ in Berlin
Von der Kirche Arnshagen sind mehrere Kirchenbücher erhalten geblieben.
Pastoren bis 1945 waren:
1364 | Johannes Gerwin (Strellin) | 1667 | Heinrich Gerner |
1493 | Stortewin Brandt (Strellin) | 1693 | Friedrich Schlutius |
1512 | Petrus Hoghedorp (A.) | 1737 | Daniel Christian Jennerich |
vor 1566 | Elias Hogensee (A.) | 1764 | Gottfried Crystell |
1578 | Christian Sander (A.) | 1767 | Friedrich Wilhelm Specht |
1590 | M. Christoph Krüger | 1799 | Carl Jacob Blaurock |
um 1600 | Arnold Könhoff | 1839 | Karl Theodor Leiber |
vor 1615 | Joachim Goläus | 1895 | Ernst Gustav Brunk |
1615 | Paulus Costerus | 1932 | Dreyer |
1630 | Jacob Schröder | 1934 | Herbert Lieberg |
vor 1640 | Gregor Myrschäus | 1940 | Helmut Kiausch |
1640 | Martin Wolff | 1945 | Daudert |
Standesamt
Arnshagen hatte ein eigenes Standesamt, welches auch für Hohenstein und Überlauf zuständig war. Unterlagen aus dem Standesamt Arnshagen aus der Zeit vor 1945 sind nicht erhalten geblieben.
Vor 1945 war das Standesamt Arnshagen wie folgt besetzt:
Standesbeamter | Schmiedemeister Otto Rahn (Arnshagen) | Bestellt am 24.06.1936 |
1. Stellvertreter | Landwirt Otto Zessin (A.) | Bestellt am 25.07.1936 |
2. Stellvertreter | Frau Berta Hildebrandt, geb. Albrecht (A.) | Bestellt am 14.12.1929 |
Schule
1932: Eingliedrige Volksschule (1 Lehrer, 1 Klasse, 51 Schüler)
09.07.1939: Neue Schule (2 Klassen)
Lehrer waren 1939: Walter Janczikowsky und Heinz Hoffmeister.
Dorfschulzen und Bürgermeister
Obwohl das Schulzenamt ansich nicht vererbt wurde, so blieb es doch über viele Jahrzehnte in der Familie Albrecht und wurde dort vom Vater an den Sohn weitergegeben. In den vorhandenen Unterlagen finden sich die folgenden Dorfschulzen und Bürgermeister in Arnshagen:
1642 Albrecht, Hans (*um 1606 []12.01.1687)
1674 Albrecht, Peter (*14.06.1646 []1732)
1710 Albrecht, Peter (*24.05.1680 []17.09.1751)
1748 Albrecht, Peter (*12.03.1711 +05.03.1786)
1770 Albrecht, Christian (*12.06.1747 +09.03.1814)
1809 Albrecht, Jacob (*01.03.1774 -)
1840 Albrecht, Peter Ferdinand (*18.01.1814 -) (Er legte am 15ten April 1840 den Schulzeneid ab)
1865 Vehlow, Ernst
1933 Albrecht, Ferdinand II
1939 Zessin, Willy
1946 Echmer, Walter
(Die Auflistung ist unvollständig und bedarf der Überarbeitung. Hinweise und Ergänzungen sehr willkommen.)
Eid eines Dorfschulzen
Ich N. N. schwöre zu Gott dem Allmächtigen, einen wahren körperlichen Eid, daß, nachdem ich von E. E. Rath der Stadt Stolp zum Schulzen bestellt worden bin, ich dem dem Staate, dem Magistrate als meiner Grundherrschaft, treu und gehorsam seyn will.
Insbesondere gelobe ich, die Pflichten meines Amtes gewissenhaft zu erfüllen, das Gute des Dorfs und der Gemeinde wahrzunehmen, auf die Erhaltung der guten Ordnung und Sicherheit zu wachen, und , was dem zuwider läuft, sofort abzustellen, oder davon zur Abhülfe Anzeige zu machen. Was mir in einzelnen Fällen aufgetragen und befohlen wird, will ich genau und nach meiner besten Einsicht in Ausübung bringen.
Insbesondere gelobe ich, von dem, was ich abzuschätzen beauftragt wurde, den wahren eigentlichen Werth, soviel ich nach meinem besten Wissen und Gewissen, nach reiflicher Ueberlegung, davon einsehe und glaube, anzugeben, und dies weder aus Freundschaft, Feindschaft, Furcht, Haß oder Neid, noch um Gunst, Geschenke, Lohn oder Gaben halber, noch aus Hoffnung wegen eines Gewinnes oder Vortheils oder auch wegen einer anderen Ursache zu unterlassen, sowie ich auch wenn ich beauftragt werde Inventarien aufzunehmen, diese richtig und mit aller Sorgfalt anfertigen, und eben so bei Versiegelungen zu denen Verrichtung ich angewiesen werde nach der mir ertheilten Vorschrift verfahren will. Ferner schwöre ich, daß ich auf den Hergang der gerichtlichen Verhandlungen bei welchen ich zugezogen werde, und darauf, daß diese Verhandlung so niedergeschrieben werden, wie sie sich wirklich ereignet haben, genau Acht haben, daß das Protokoll nicht anders, als wenn ich dessen Inhalt diesem wahren Hergange der Sache und der Absicht der Erklärten gemäß finde, mit meiner Unterschrift bekräftigen will.
Endlich schwöre ich bei der Vertheilung der gemeinsamen Lasten des Dorfs, insofern solche von mir und den Gerichtsmännern erfolgt, nach den bestehenden oder mir besonders vorgeschriebenen Grundsätzen gewissenhaft zu verfahren und dabei Niemanden, weder aus Freundschaft, Feindschaft, oder eines Vortheils willen, oder aus irgend einer anderen Ursache zu begünstigen, oder zu beeinträchtigen, und darauf zu sehen, daß dies auch nicht von anderen geschehe, endlich mich auch so zu betragen und zu verhalten, wie es einem tüchtigen Schulzen zustehet und gebühret, und wie ich es vor Gott und meiner Obrigkeit jederzeit zu verantworten mir getraue.
So wahr mir Gott helfen soll durch Jesum Christum Amen.
Diesen Eid haben abgeleistet
den 16ten Aprill 1836 der Schulz Noffze in Ueberlauf
den 7ten Febr 1837 der Schulz Friedr. Neumann a. Lüllemin
den 15ten Aprill 1840 der Schulz Ferdinand Albrecht aus Arnshagen
den 17ten Juny 1846 der Schulz Joh. Kautz zu Lüllemin
den 22ten Jan 1848 der Schulz Ernst Salomon zu Kl. Strellin
den 22ten Jan 1848 der Schulz Naehring zu Ueberlauff
den 22ten July 1848 der Schulz Georgh Banzky zu Podewilshausen
Quelle:
Landesarchiv für Kultur und Denkmalpflege, Landesarchiv Greifswald Signatur LAG Rep 38b, Blatt 78f.
Die Holländer Windmühle
Diese Windmühle soll ca. 1884 [richtig: 1854] erbaut worden sein. Mein Großvater, Müllermeister Karl Wilke, hatte in einer Mühle in Schwolow eingeheiratet. Danach fand er, dass die Mühle zu klein sei und kaufte die Mühle in Arnshagen. Es müsste so um 1910 gewesen sein. Dazu gehörte noch eine kleine Landwirtschaft von etwa 7 Hektar – dazu noch ca. 7 Hektar Pachtland. Die wurde so nebenbei mit einem Pferd bearbeitet. Das Anwesen befand sich etwa in der Mitte des Dorfes – gegenüber der Kirche. Da ja Arnshagen im Tal der Stolpe lag, stand die Mühle auf der westlichen Anhöhe. Zwei Wege führten zur Mühle rauf. Vom Pastorbackhaus ging rechts ein schmaler Weg (Wagenbreite) hinauf, der zweite um das ganze Gehöft herum. An der Mühle führte ein Feldweg vorbei, wo die Bauern (Kunden) aus dem Nordteil des Dorfes ihr Ziel erreichten. Seit Arnshagen ans Elektrizitätsnetz angeschlossen wurde, besaß der Betrieb einen Motor. So dass die Mühle auch bei Windstille arbeiten konnte.
Die Mühle war eine Holzkonstruktion. Sie stand auf einer Betonplatte. Mächtige Kanthölzer bildeten den Rumpf und gingen bis zum Kopfansatz. Aussen war sie mit wetterfesten Holzbrettern und Teerpappe benagelt. Um weiterhin wetterbeständig zu sein, musste die Pappe von Zeit zu Zeit mit Teer bestrichen werden. Auf dem Rumpf war ein Zahnkranz montiert, darauf war der Kopf. In ihm befand sich eine große Antriebswelle, die mit den Flügeln verbunden war. Um diese Welle war ein Holzzahnrad zum Antrieb. Im rechten Winkel darunter war ein weiteres Zahnrad, das mit einer zweiten großen Welle verbunden war, diese reichte bis ins Erdgeschoß. Sämtliche Maschinen waren angeschlossen und konnten betrieben werden. An der größeren Öffnung im Kopf waren die Flügel angeordnet. Jeder der Flügel reichte bis etwa 1 Meter über den Erdboden. An den Flügeln waren zwei Reihen Klappen (groß/klein). Sie dienten um die Geschwindigkeit der Flügel mit der Antriebswelle zu regulieren. Bei leichtem Wind waren sie fast geschlossen – bei starkem Wind so gut wie offen. Bei Sturm wurden sie ganz geöffnet und so der Antrieb gesichert (blockiert). Die Einstellung der Klappen erfolgte über einen Kettenzug, den der Müller bediente. Auf der gegenüberliegenden Seite vom Flügelkreuz war die Windrose angebracht. Sie hatte dafür zu sorgen, dass die Flügel immer gegen den Wind stehen. Sollte sich der Wind im Laufe des Tages drehen, drehte sich dank der Windrose der ganze Mühlenkopf. Der Müller griff nur ein, wenn sich der Wind extrem änderte. Nach Feierabend musste alles gesichert werden. Damit man in das "Bauwerk" reinkam, hatte der Baumeister zwei Türen eingebaut – eine zum Osten und die andere nach Südwesten. Je nachdem wie die Flügel standen, konnte man die Mühle ungefährdet betreten.
Dieser Handwerksbetrieb hatte Erdgeschoß und zwei Etagen – dazu den Kopf. Im Erdgeschoß war der Walzenstuhl (wichtigste Maschine) installiert. Dahinter stand der Elektro-Motor. Gleich daneben war Platz für Getreide in Säcken, das kurzfristig für die Verarbeitung bestimmt war. Die Getreidereinigungsmaschine stand daneben. Diese Maschine durchlief das Korn zuerst. Ein Elevator beförderte das saubere Gut in den Getreidebehälter im ersten Stock. In der Mitte war der Lastenheber angeordnet. Mit ihm durfte nur Getreide und Mahlgut in die 1. und 2. Etage auf- oder abtransportiert werden. Aber auch der Müller benutzte ihn, weil das viele Treppensteigen Zeit und Kraft benötigte. Ein wichtiges Einrichtungsstück war das Schreibpult. Hier wurden alle Arbeiten und sonstige Aktivitäten schriftlich festgehalten. Auch die Waage war sehr wichtig – sie stand daneben. An den Decken aller Etagen war die Transmission angebracht. Die Hauptwelle vom Mühlenkopf bis runter ins Erdgeschoß, hatte in jeder Etage ein Zahnrad. Dieses trieb eine Eisenwelle mit Scheiben an. Lederriemen verbanden die Welle mit den Maschinen. Die größe der Scheiben regelte die Geschwindigkeit. In der 1. Etage, gleich neben dem Lastenheber, stand der Schrotgang. Per Schulter wurde das Korn über den Trichter des Schrotgangs gehoben und reingeschüttet. Zwei mächtige Mühlsteine die in Gegenrichtung liefen zermahlten das Getreide zu Schrot. Neben dem Schreibpult, eine Etage tiefer, wurde es in Säcken aufgefangen. Neben den Getreidebehälter, der ja das gereinigte Korn aufnahm, war noch eine Mehlmischanlage. Diese war wichtig um einen genauen Ausmahlungsgrad zu erreichen. Schließlich waren da noch zwei Abfangvorrichtungen, eine für das Mehl und die andere für Kleie. Das Gut kam aus der zweiten Etage. Dort stand der Rundsichter, dass ist ein Stapel von etwa 8 Sieben mit unterschiedlichen Lochgrößen, der das vom Walzenstuhl zerkleinerte Getreide, durch rotieren, durchsiebte. Im Mühlenkopf befand sich nur die Antriebswelle.
Der Werdegang vom Korn zum Mehl sieht so aus:
Anlieferung des Getreides, Auswiegen, Reinigen, Beförderung in den Getreidebehälter 1. Stock, durch ein Fallrohr zum Walzenstuhl Erdgeschoß, per Elevator zum Plansichter 2. Etage, Mehl und Kleie auffangen in Säcken 1.Stock.
Dieses Unternehmen war überwiegend eine Lohnmüllerei. Der Kunde brachte das Getreide, nahm die entsprechende Menge Mehl und die dazugehörende Kleie (als Viehfutter) wieder mit, und bezahlte die Arbeit des Müllers.
Ein Verkauf von Mehl an andere Kunden, wie z.B. an Bäcker in Stolp oder Stolpmünde, kam so gut wie gar nicht vor. Die Mühle wurde auch nur von einem Müller geführt. Als mein Großvater das Rentenalter erreicht hatte, übernahm sein Sohn Wilhelm das Zepter.
Die Mühle in Arnshagen war ein typischer Orientierungspunkt. Sie war von Wintershagen und Nesekow aus zu sehen. Im Westen war, so weit das Auge reichte, Ackerland – bis zum Horster Wald. Da konnte man sie auch vom Zug Stolp – Stolpmünde aus, gut sehen.
Müllermeister der Arnshagener Mühle waren:
Am 26.03.1853 erhält der Windmüller [Friedrich] Müller den Konsens zur Errichtung einer Windmühle in Arnshagen.
Am 10.06.1858 kauft der Bauer Joachim Steinfeldt Grundstück samt Mühle.
Am 25. Februar 1864 wird der Büdner Carl August Moldenhauer Eigentümer der Mühle.
Am 22. Januar 1887 kauft der Stellmacher Johann Ratzke die Mühle.
Am 8. April 1904 kauft Karl Wilke, Müller aus Schwolow, die Mühle.
Mitte 20er Jahre übernimmt Wilhelm Wilke die Mühle von seinem Vater, wird aber nicht im Grundbuch eingetragen.
Molkerei
Die Molkerei war eine eingetragene Genossenschaft. Zu dieser Genossenschaft gehörten mehrere Orte, da die nächsten Molkereien in Stolp und Stolpmünde waren.
Die Molkerei war 1906 betriebsfertig und wurde in den Folgejahren nicht verändert. Sie bestand aus dem Hauptgebäude und einem flachen Anbau, in dem sich das Heizhaus mit der dahinterstehenden Esse befand. Zur Straße befand sich der Kohlenbunker und darüber das Kontor.
Am gesamten Hauptgebäude war eine Milchrampe vorhanden, dahinter lag die Milchannahme und ganz am Ende der Eingang zur 1. Etage, der Wohnung des Molkereiverwalters und im Dachgeschoss zu den Räumen für ledige Angestellte.
Von der Ebende der Milchannahme, die für die Anlieferung zugänglich war, konnte man im offenen Keller die Zentrifuge stehen sehen. Dahinter lagen abgeschlossen die Butterei und das Kühlhaus.
Zu den Produkten gehörten Milch, Buttermilch, Quark und Butter. Käse wurde in Arnshagen nicht hergestellt.
Bahnverbindung
Arnshagen hatte eine eigene Bahnstation auf der Linie Stolp-Stolpmünde.
Post
Wie dem Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger No. 184 vom 7. August 1911 zu entnehmen ist, wurde der Fernsprechverkehr mit Berlin aufgenommen.
Bei einer Gesprächsgebühr von 1 Mark wurde diese aber bestimmt nicht oft benutzt.
Kulturelles Leben
Fahrrad-Sportverein
Der Radfahrerverein von Arnshagen beschäftigte sich mit dem Kunstradfahren. Wöchentlich, wenn es die Zeit erlaubte, wurde im Saal der Gastwirtschaft von Max Albrecht trainiert, um 1 bis 2 mal im Jahr den staunenden Einwohners und Gästen die Kunststückchen auf dem Rad zu präsentieren. Der Verein leistete eine großen Beitrag für das kulturelle Leben in der Dorfgemeinschaft.
Hinten (v.l.n.r.): Willi Albrecht (Maurer Karl's Willi), Erich Seils, ?, Paul Last, Erich Albrecht (Amtsvorsteher), Willi Wilke (Müllermeister)
Vorn (v.l.n.r.): Pagel ?, Paul Albrecht (Kliksen oder Post-Paul), Wilhelm Steinfeld (Lang Wilhelm), Edmund Hildebrandt (Scheps), Fritz Hildebrandt (Schulten Fritz, 19 Jahre alt), Wilhelm Albrecht (Amtsvorsteher), Max Albrecht (Kräuger Max, 43 Jahre alt)
Quellen:
1. Erhard Kristkeitz, Wolfsburg, Werner Wilke und Betti Albrecht, Freital 04/2002 veröffentlicht in:
Barth, Hans und Kristkeitz, Erhard: ARNSHAGEN- Ein Dorf im Landkreis Stolp/Pommern / Erinnerungen, hrsg. im Selbstverlaug, Wolfsburg 2002, Seite 39-41
2. Heyden, Hellmuth: Zur Geschichte der Kirchen im Lande Stolp bis zum 18. Jahrhundert, in: Historische Kommission für Pommern, hrsg. von Franz Engel, Reihe V, Forschungen zur Pommerschen Geschichte, Heft 12: Neue Aufsätze zur Kirchengeschichte Pommerns, Köln-Graz 1965, IX S. 178-204
3. Ostpommersche Heimat 39/1933
4. Grundbuch von Arnshagen Kreis Stolp , Band XII Theil III, Nr. 78 Ein Grundstück
5. Berücksichtigung der 1920 zu Pommern gekommenen ehemaligen westpreußischen Gebiete der Kreise Deutsch Krone, Flatow und Schlochau; hrsg. Pommerscher Greif e.V. in Materialien zur pommerschen Familien- und Ortsgeschichte, Sonderheft des Sedina-Archivs (N.F.) Heft 9, Greifswald 2011, ISBN 978-9809244-9-8; S. 76
6. AK Familien- und Ortsforschung Stolper Lande: Jahresschrift 2002; "Musikleben in Stolp" S. 29 ff.