Zur Geschichte von Groß Strellin bis 1945
Die Gemeinde Groß Strellin, unmittelbar an der nördlichen Grenze zur Stadt Stolp gelegen, war ein Guts- und Bauerndorf. Auf beiden Seiten des Mühlenbaches standen die Gehöfte des Dorfes. Von Stolp aus war Groß Strellin sowohl über die Stolpmünder Chaussee als auch auf dem Strelliner Landweg zu erreichen.
Der Siedlungsform nach ist Groß Strellin, das frühere olden Strelyn, ein kleines Gassendorf. Schon im 13. Jahrhundert wird es mehrfach genannt. Nach einem Schenkungsbrief aus dem Jahre 1277, dessen Echtheit allerdings bezweifelt wird, überließ Herzog Mestwin II. Strellin dem Ritter Miroslaus, genannt Roswaroviz. Im Jahre 1281 schenkte Mestwin dem Kloster Belbuk zur Ausstattung des Praemonstratenser-Nonnenklosters in Stolp die Marienkapelle auf der Burg mit dem Zehnten von Flinkow und Strellin. Auch in einer Urkunde des Erzbischofs von Gnesen wird das Dorf 1294 wieder genannt. 1364 war Johannes Gherwyn plebanus in Strelyn. Die zu dem Dorf gehörige Mühle verkaufte Heinrich Puttkamer 1366 dem Stolper Bürger Herder Tramm und dem Johann Darsow in Starkow.
Im 17. Jahrhundert gehörte Groß Strellin der Stadt Stolp. Zur Befriedigung der Erben des Peter von Collrepp musste die Stadt das Dorf diesen zuerkennen und übergeben. Gerd von Below (* 03.02.1642 † 06.04.1704 in Stolp) kaufte es um 1700.
In der Hufenklassifikation (1717) sind folgende Bauern/Cossäten in Groß Strellin genannt:
1. Bauer Matthias Heise | 1 Hufe | 5. Bauer Jacob Nuthack | 1 Hufe |
2. Bauer Marten Hilbrandt | 1 Hufe | 6. Bauer Marten Nuthack | 1 Hufe |
3. Bauer Jürgen Niegmann | 1 Hufe | ||
4. Bauer Marten Niegmann | 1 Hufe | 7. Cossäth Mews Schmidt | ¼ Hufe |
Im Jahre 1784 gehörte Groß Strellin dem Leutnant Franz Jakob von Below (* 05.12.1734 in Klein Machmin † 07.05.1799 in Stolp).
Ludewig Wilhelm Brüggemann beschreibt das Dorf um diese Zeit wie folgt:
„141. Groß Strellin 3/4 Meile von Stolpe nordnordwestwärts in einem Thale, an einem Torfmoor, hat 1 Vorwerk, 6 Bauern, 1 Coßäthen, 1 Schulmeister, auf der Feldmark des Dorfs eine Wassermühle, die Neue Mühle genannt, die der Müller eigenthümlich besitzet, eine neu angelegte Schäferey nebst 6 Colonistenfamilien, unter welchen sich 4 Halbbauern befinden, 21 Feuerstellen, eine zu der Stolpschen Synode gehörige Kirche, die ein Filial von Arenshagen und zu welcher das Dorf Klein Strellin eingepfarret ist, und ein Torfmoor. Für die bey diesem Gute in dem Jahre 1772 für 5500 Rthlr. königliche Gnadengelder vorgenommene Verbesserungen, wovon die jährlichen Einkünfte nach dem Anschlage 385 Rthlr. 15 Gr. 5 Pf. betragen sollen, muß eine zu Gnadengehalten für adeliche Wittwen und Waisen bestimmte jährliche Abgabe von 110 Rthlr von dem Besitzer dieses Guts bezahlt werden.“
Karl F. von Benckendorff hat die Funktionsweise dieses Gnadengeldes näher erläutert:
"... Eben vorgedachter Herr Frantz Jacob von Below, hat auch zur Verbesserung seines Gutes Groß Strellin fünf Tausend fünf Hundert Thaler Königl. Melorations-Gelder erhalten.
Für diese Gelder ist
a) Eine neue Schäferey angeleget, imgleichen
b) Sieben neue Bauern und vier Büdner angesetzet worden.
Zu der Schäferey sind an urbar gemachten Aeckern 503 Morgen 71 Ruthen, und an dergleichen Wiesen 102 Morgen geleget.
Die neu angesetzte Sieben Bauern und vier Büdner aber haben an neuen Acker 502 Morgen und an Wiesen 82 Morgen 90 Ruthen erhalten.
Das ganze neue Etablissement bestehet also aus 1189 Morgen 161 Ruthen und 11 neuen Familien. Nach den Nutzungs-Anschlägen wird der Ertrag der jährlichen Guts- Einkünfte durch diese Verbesserung vermehret mit 385 Rthl. 15 gr 5 pf. Die Zinsen a 2 pro Cent so von den empfangenen 5500 Rthl. Meliorations-Gelder bezahlet werden müssen, betragen 110 Rthl.
Ein Ueberschuß von 275 Rthl. 15 gr. 5 pf. ist also der reine Gewinst, den der Herr von Below auf diesem seinem Gute durch die Königl. Gnade und Vorsorge jährlich geniesset."
Subventionierte Landwirtschaft gab es also schon zu seinen Zeiten.
1794 kaufte Christian Friedrich Meske das Gut für 10.000 Rt Courant. Dieser Kauf kam erst durch „Cabinets Ordre und rescripts“ vom 29.08. und 04.09.1789 zustande, da der neue Besitzer bürgerlichen Standes war. Dieser unterstützte die Preußen dafür, wohl aus Dankbarkeit, im Kampf gegen Napoleon und wurde deshalb im Verzeichnis der Unterstützer, bekannt als „Das Preußische Nationaldenkmal 1813-1815“, aufgenommen. Sein Sohn Eduard Georg Meske übernimmt das Gut.
1853 kaufte Gustav Mach Groß Strellin für 80.000 Taler. Die letzten Besitzer waren Emil Mach bis 1912 und Rudolf Mach 1912–1945.
Im Güteradressbuch 1939 werden folgende Landwirte namentlich genannt:
Rudolf Mach, Rittmeister a.D. |
666,0 ha |
Otto Dentel |
21,0 ha |
Ernst Müller |
23,5 ha |
August Noffke |
24,5 ha |
Kirche
Die Kirche in Groß Strellin war ein Neubau, der noch einige Spuren des alten Mauerwerks zeigt. Aus älterer Zeit stammen die Eckstrebepfeiler und zum Teil die Ostwand, welche früher Blendenteilung im Giebeldreieck besaß. Neu waren der Chor, ein herrschaftlicher Choranbau und wohl auch der Turm. Der Tauftisch aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts umschloss eine Taufschüssel aus Messing mit der Umschrift nach Nürnberger Art und ohne Mittelbild. Vor dem Turm war ein altes Weihwasserbecken aus Granit von einfachster Form aufgestellt. Der Turm hatte zwei Glocken. Die eine trug die Aufschrift: Sit nomen domini benedictum („Sei gesegnet im Namen des Herrn“ d.Verf.) Amen 1599, die andere die Buchstaben D und B und die Jahreszahl 1585.
Aus der Matrikel von 1590 geht hervor, dass Groß Strellin bis dahin selbständiges Kirchspiel war und danach Filial von Arnshagen. Im Jahre 1364 wird Johannes Gerwin als Pfarrer genannt, 1493 sind Stortewin Brandt und Nicolaus Pape bezeugt. Groß Strellin gehörte bis zuletzt zum Kirchspiel Arnshagen und damit zum Kirchenkreis Stolp-Stadt. Im Jahre 1925 hatte es sieben Bewohner katholischer Konfession (1,9 v.H.). Alle anderen Bewohner waren evangelisch.
(Siehe auch Arnshagen: Kirche)
Standesamt
In Preußen wurden gemäß des Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Form der Eheschließung vom 9. März 1874 die Standesämter errichtet. Groß Strellin war laut Veröffentlichung im Kreisblatt des Stolper Kreises Nr. 36/1874 vom 9. September als Standesamtsbezirk Nr. 7 für Flinkow sowie Klein und Groß Strellin zuständig.
Als erster Standesbeamter wurde der Mühlenbesitzer Hüttmann zu Neumühle und als dessen Stellvertreter der Gemeindevorsteher Albrecht zu Flinkow ernannt.
Aus dem StA Groß Strellin sind Unterlagen aus der Zeit vor 1945 erhalten geblieben:
Siehe hierzu Standesamt Groß Strellin
Vor 1945 war das Standesamt Groß Strellin wie folgt besetzt:
Standesbeamter | Bauer Wilhelm Salomon | Klein Strellin | bestellt am 08.04.1911 |
1. Stellvertreter | Lehrer Guido Kohlhoff | Klein Strellin | bestellt am 08.04.1911 |
2. Stellvertreter | Bauer Willy Salomon | Klein Strellin | bestellt am 17.06.1936 |
Schule
Die Volksschule in Groß Strellin war 1932 zweistufig.
Sie hatte zwei Klassen und einen Lehrer, der 61 Schüler unterrichtete.
Auf einer Ehrentafel der im Ersten Weltkriege gefallenen und vermissten bzw. ihren Wunden erlegenen Lehrer des Regierungsbezirks Köslin finden wir:
PAPENFUSS, Max, Groß Strellin, Kreis Stolp, Todesdatum 03.08.1916
Letzter Lehrer in Groß Strellin war Willy Beek.
Flugzeugabsturz
Kurz vor Kriegsende am 12.01.1945 stürzt gegen Mittag eine Messerschmidt Me 109 Bf 109 G14 vom Flugplatz Stolp-Reitz kommend, im Moorgebiet zwischen Groß Strellin und Birkow/Groß Brüskow ab. Der Flugzeugführer Oberfähnrich Henning Heine aus Halberstadt (geboren 05.01.1925) wurde bei dem Absturz getötet. Wegen der heranziehenden sowjetischen Truppen wurde die Bergung des Flugzeuges aufgegeben. Immerhin steckte es wohl einige Meter im Moor. Erst im Juni 2003 konnte es durch die Mithilfe der noch lebenden Zeitzeugen, die Brüder Ernst und Heinz Voß aus Birkow, geborgen werden.
(siehe hierzu die Dokumentation von Wolfgang Noffke auf
http://www.stolp.de/garnison/articles/garnison_erinnerungsliteratur.html Teil D)
Flucht und Vertreibung
Am 6. März 1945 nachmittags gegen 16 Uhr erhielt Groß Strellin den Räumungsbefehl. Am folgenden 7. März brach der Dorftreck mit etwa 200 Menschen auf. „Da die Straßen durch Flüchtlinge verstopft waren, kamen wir nur schlecht vorwärts und überrollten uns russische Panzer vor Glowitz.“ Vielen Wagen wurden die Pferde ausgespannt, und sie blieben stehen. Der Rest der Dorfbewohner fuhr nach Schmolsin, wo die Männer festgenommen und nach Virchenzin mitgenommen wurden. Man entließ sie wieder, bis auf den Gutsbesitzer Mach, der ja „Kapitalist“ war. Er wurde in Stolp im Magazin eingesperrt. Inzwischen waren die Dorfbewohner wieder in ihr Heimatdorf zurückgekehrt.
Groß Strellin wurde am 8. März von den sowjetischen Streitkräften eingenommen.
Nach seiner Erkrankung wurde Rudolf Mach entlassen. Nach Groß Strelllin zurückgekehrt, erlebte er nun die sowjetischen Streitkräfte nun von einer ganz anderen Seite.
Er berichtet: „Am 9. Mai wurde ich dann von Stolp durch einen Russenwagen nach Strellin befördert, wo meine Frau beim Lehrer wohnte. Nach meiner Ankunft schickte der russische Kommandant seinen Frisör und erschien selbst mit Schnaps und beorderte mich zur Tafel des Waffenstillstandsfestes und trank sogar auf mein Wohl. Ich hielt mich dort etwa eine Stunde auf, da (ich) noch sehr schwach war.“
Dieses gute Einvernehmen passte offenbar den als Fremdarbeitern während des Krieges ins Land gekommenen Polen nicht. Mach wurde denunziert und im Weinkeller des Gutshauses eingesperrt. Er überlebte die Misshandlungen und konnte im Juni 1946 die inzwischen zur Fremde gewordene Heimat verlassen. Die meisten Dorfbewohner wurden von den Polen vertrieben, mehrere Familien insbesondere von Gutsarbeitern wurden vorerst jedoch nicht weggelassen, weil es an Arbeitskräften fehlte, um das Gut zu bewirtschaften.
Die Heimatortskartei Pommern hat später 148 von ihnen in der Bundesrepublik Deutschland und 77 in der DDR ermittelt.
Als Kriegs- und Vertreibungsverluste wurden verzeichnet: 17 Gefallene, 2 Ziviltote und 42 Vermisste bzw. ungeklärte Fälle.