Entwicklung nach der Aufsiedlung
Nachdem die Pommersche Landgesellschaft 1914 große Teile des Ritterguts erworben hatte, wurde das Siedlungswerk in Schurow im wesentlichen 1924 vollzogen. 1925 konnten die Überschreibungen im Grundbuch vorgenommen werden. Man schuf 58 Siedlerstellen, eine größere Anzahl übernahmen Bewohner aus Schurow, die teilweise schon im 19. Jahrhundert ortsansässig gewesen waren. Die Volkszählung von 1885 ergab 184 Bewohner, davon 94 männliche, 90 weibliche; 184 sind evangelisch, 10 katholisch. Außerdem gab es 35 Haushaltungen, 20 Wohngebäude.
Aber auch aus Nachbargemeinden und teilweise sogar aus Gebieten, die das Dt. Reich nach dem I. Weltkrieg an Polen hatte abtreten müssen, kamen Neusiedler. Es wurden Höfe geschaffen, die an der Straße nach Pottangow oder Klein Gluschen lagen, aber auch in Richtung Neitzkow. So kam es zur Schaffung des Ortsteils Neu-Schurow. Allerdings waren vor 1933 einige der Höfe sehr hoch verschuldet, zu Zwangsversteigerungen kam es dennoch nicht.
60 landwirtschaftliche Betriebe waren geschaffen worden, davon nach Größe:
0,5 – 5 ha: 6
5 – 10 ha: 5
10-20 ha: 44
20-100 ha: 5
Sie besaßen lt. Pagel jeder 2-3 Pferde, bis zu 14 Stück Rindvieh und 16-23 Schweine.
„Die Bauern hatten alle im Lebatal hinter Schierwienz Wiesen und Moorflächen. In den Wiesen wurde das Heu gemacht, das jeder in den Wintermonaten für sein Vieh benötigte.“ (Pagel, S. 892)
Zwei Grasschnitte gab es pro Jahr. In den zwanziger Jahren mähten die Bauern mit der Sense, später erleichterte der Grasmäher deren Arbeit. Allerdings musste man jetzt beim ersten Schnitt sehr auf die Jungtiere, die sich im Gras versteckt hielten, aufpassen. Da es sich bei den Wiesen in der Nähe der Leba um sehr feuchte Gebiete handelte, hatte man schon während des ersten Weltkrieges mit der Kultivierung begonnen, indem russische Kriegsgefangene für diese Arbeit eingesetzt worden waren. In trockenen Jahren war die Heuernte schnell einzubringen, aber wenn es viel regnete, gab es mehrfache Probleme. Zum einen trocknete die Ernte schlecht und zum anderen war die Ernte nur schwer einzubringen. Teilweise zog man den Pferden Holzschuhe über, damit sie nicht im Boden versanken; manche Wege waren kaum befahrbar. Fiel die Ernte schlecht aus, trieb man das Vieh im Herbst auf die 4-5 km entfernten Wiesen. Dann mussten Hütejungen auf das Vieh aufpassen. Eine besondere Gefahr stellten die Gräben dar, rutschte eine Kuh hier hinein, bekam ein einzelner Hütejunge sie kaum allein heraus.
Im Moor wurde der Brennstoffbedarf für den Winter gestochen, wofür in der Regel 3 Tage gebraucht wurden. (Pagel, S. 892) Nach Beseitigung der Grassoden hob man quaderförmige Moorsoden aus, lud sie auf die Schubkarre und schob sie zur Trocknungsstelle. Dort wurden sie luftig aufgeschichtet und nach einigen Wochen der ersten Trocknung zu Ringelhaufen umgesetzt. Die Arbeit im Moor war eine sehr anstrengende Arbeit, insbesondere wenn man bis in die tieferen und damit sehr nassen Schichten des Moores kam. Bei einem Wassergrubeneinbruch musste das Wasser vor der Weiterarbeit ausgepumpt werden. Die Frauen brachten zur Stärkung das Essen und die Getränke ins Moor. Das Einbringen der Torfernte schließlich war nicht so schwer; schön getrocknet und auf den Pferdewagen geladen ging es 10 km zurück vom Moor nach Schurow. Schlief der Bauer gar auf dem Wagen ein, fanden die Pferde den Weg auch allein. Allerdings gab es eine gefährliche Kurve, in der der Hinterwagen schon mal in den Moorgraben gerutscht ist.
Drei Fuhren konnten am Tag eingefahren werden, pro Fuhre benötigte man 3 Stunden. Auch Brennholz schaffte man zur Feuerung heran.
Nach Heuernte und dem Einbringen des Torfes bereiteten sich die Bauern auf die Getreideernte vor, die am 25. Juli – Zeit um Jakobi – begann.
„Äcker dehnten sich nach Westen und Norden hin aus...“ (Schurow – gestern..., S. 9) Die Bauern hatten ihre Äcker in der Feldmark Schurow, die Wiesen und Moorflächen allerdings in der Gemarkung Czierwienz im Lebatal. Der Ackerboden erreichte lediglich durchschnittliche Qualität. In den 30er Jahren wurden neueste wissenschaftliche Erkenntnisse angewendet. Mit Hilfe von Bodenproben analysierte man die Bodenbeschaffenheit und stellte die Düngung und das Saatgut zusammen. Auch die Qualität des Saatguts wurde gezielt verbessert, in der Scheune von Max Granzin gereinigt und gebeizt.
Im Frühjahr wurden Hafer und Gerste gesät, sowie Raps und Flachs. Serradella und Klee säte man im Frühjahr als Stickstoffsammler und Zwischenfrucht zwischen den Roggen. So erhielten sie gleichzeitig Grünfutter und verbesserten den Boden. Im Herbst kam die Roggensaat dran - im Sommer gab es keinen Anbau. Die Sommer waren trocken. Der Bauer musste bei besonderer Trockenheit mit der Gießkanne Wasser auf manche Pflanzungen bringen, eine sehr mühselige Arbeit. Der Einsatz von Erntemaschinen erleichterte die Arbeit und beschleunigte sie gleichzeitig. Selbstbinder waren allerdings noch nicht im Einsatz, da der Bauer sie sich nicht leisten konnte. So stellte man das Getreide zum Trocknen in Hocken auf, dabei konnten auch die Kinder schon helfen. Sie hatten sogar viel Spaß an dieser Arbeit.
War im September der zweite Wiesenschnitt beendet, begann die Kartoffelernte. Hierbei handelte es sich – bevor der Kartoffelroder zum Einsatz kam – um eine sehr schwere Arbeit. Lediglich mit einer Kartoffelhacke ausgestattet, auf den Knien im Feld wurden die Kartoffeln mit der Hand geerntet. Die Bauern halfen sich gegenseitig, indem sie sich zu Kolonnen formierten. Die Sammler in den Kolonnen hatten dann jeweils zwei Reihen vor sich. Jeder führte einen Korb mit sich, in den die ausgehackten Kartoffeln geworfen wurden. Zum Schluss landeten die Kartoffeln in einem Kastenwagen und wurden in die Keller eingefahren oder in vorbereitete Mieten eingebracht. Zum Schutz deckte man die Kartoffeln dann mit Stroh ab und überschüttete sie schließlich mit Sand.
Im Auftrag von Kartoffelzuchtanstalten vermehrten einige Bauern die Kartoffelsorten.
Weitere Anbaufrüchte waren: Wrucken (Kohlrüben), Flachs, Raps und Runkelrüben als Futterrüben für das Vieh. Kohl- und Futterrüben wurden selbst gezogen und Ende Mai bis Juni gepflanzt und im Oktober geerntet, direkt nach der Kartoffelernte. Auch diese Arbeit war mühselig. Zunächst schnitt man die Blätter der Futterpflanzen ab, legte sie in Reihen und lagerte sie dann als Silage, die als Kuhfutter Verwendung fand, in Mieten ein. Mit Hilfe einer Egge riss der Bauer die Kohl- und Futterrüben aus dem Boden, häufelte sie in Reihe, lud sie in die Kastenwagen und brachte sie damit in die vorbereiteten Mieten. Darüber kamen wieder Heu und Erde, allerdings benötigten diese Feldfrüchte Luftrinnen.
Zu den Arbeiten zwischen den Ernten kam das Vorbereiten und Pflegen der Felder. Es wurde gepflügt, Stallmist und Jauche auf die Felder ausgebracht.
Und auch im Winter wartete die Arbeit schon: das gelagerte Getreide wurde gedroschen, gereinigt und das Vieh in den Ställen musste versorgt werden. In den zwanziger Jahren gab es zwar die Dreschmaschine, aber keinen elektrischen Strom. So trieben Pferde das Roßwerk an, welches wiederum die Dreschmaschine am Laufen hielt. Zur Reinigung des gedroschenen Getreides setzte man den Buller, eine handbetriebene Reinigungsmaschine ein. Nachdem es elektrischen Strom gab, vereinfachten sich auch diese Arbeiten.
So waren der Bauer und seine Familie, ja das ganze Dorf letztlich abhängig von einer guten Ernte. Durch vielfältige Verbesserungen waren die Erträge im Laufe der Jahre gesteigert worden. Mit 7,88 RM lag der durchschnittliche Grundsteuerertrag auf ein Hektar über dem Kreisdurchschnitt (RM 5,95).
1938 verzeichnete das Güteradressbuch, in dem nur Höfe über 20 ha aufgeführt wurden:
Richard Bulau (21 ha)
Otto Krause (22 ha)
Albert Lemke (20 ha)
Hermann Schröder (23 ha)
Fast alle Bauern gehörten der Spar- und Darlehnskasse an. Einkauf (Saatkartoffeln, Kunstdünger u.a.m.) und auch Verkauf (Ernte, Vieh) lief über sie. Daneben gab es einige, aber wenig Geschäfte (Kolonialwaren-, Bau- u. Manufakturwarengeschäft), sowie eine Gaststätte. Gastwirt war 1902 Krumm und 1925 Manske. Im Reichadressbuch von 1941/42 sind genannt:
Manufakturwarengeschäft P. Mertins
Baugeschäft August Bock
Gasthof u. Kolonialwarenladen Karl Manske
Sattler Willi Hetzke
Gemischtwarenhändler Georg Heyer
Schneider Otto Hetzke
Schurow verfügte über ein Spritzenhaus und daneben über ein Gefängnis.
1939 lebten in Schurow 474 Einwohner. Neben den Bauern, Handwerkern und Kaufleuten gab es auf dem Restgut tätige Landarbeiter, sowie Freiarbeiter, die außerhalb des Dorfes nach Arbeit suchten. In der Zeit der Arbeitslosigkeit (1920er Jahre) mussten arbeitslose Schurower nach Lauenburg zum Arbeitsamt, immerhin 18 km entfernt.
Die alten Menschen halfen auf dem Hof solange sie konnten. Auch auf die Kleinkinder passten sie auf; wurden sie krank oder bettlägerig, wurden sie von den Kindern und Enkeln versorgt und gepflegt. Starben sie, fand die Aufbahrung in der besten Stube des Hauses statt.
Hatte sich die Struktur des Dorfes nach der Aufsiedlung grundlegend geändert, so führte diese Entwicklung auch zu Veränderungen in der gesellschaftlichen Stellung der einzelnen Dorfbewohner. So kam es nun durchaus vor, dass ein Bauernhoferbe eine Landarbeitertochter heiratete, oder umgekehrt.