Besitzverhältnisse
Familien
I. Die Familie Puttkammer
1428–1684/86: Laut Familiengeschichte der Puttkammers gehörte Pottangow, zunächst als Vorwerk von Darsin, dieser Familie.
1523: In der Musterrolle wird Peter von Putkummer tho Pottegaw genannt.
II: Die Familie Grumbkow
1684/86: Pottangow wird von den Grumbkows erworben und damit, gemeinsam mit Darsin, an den Besitzkomplex Lupow angegliedert.
1717: Laut Hufenklassifikation wird Tit. David von Grumbkow als Besitzer genannt und als Pächter Hans Wokker – keine Bauern.
1778: Am 21. September stirbt der der letzte grumkowsche Besitzer Major Philipp Wilhelm von Grumbkow. Pottangow gelangt mit den anderen Grumbkowschen Lehnen in den Besitz seiner Tochter Friederike, verwitwete von Podewils. Der Leutnant Friedrich Wilhelm von Grumkow lässt diese Erbschaft anfechten. Aber am 29.12.1779 wird per Gerichtsurteil das Erbe bestätigt.
1800: Friederike überlässt ihre Güter ihren beiden Töchtern Albertine Friedrike Sophie (seit 1789 mit Major Ernst Friedrich Otto von Bonin verheiratet) und der Majorin von Czarnowski. Bereits 1805 kamen sie überein, dass alle Güter in den alleinigen Besitz von Albertine kommen sollen. Als sie starb (1818) ging der Besitz auf ihren Gemahl über.
III. Die Familie Bonin
So gelangte Pottangow an die Familie Bonin. Laut Pagel wurde Pottangow seit Ende des 18. Jh., nach Bewilligung von besonderen Pfandbriefen, als eigenes Gut angesehen. Der zum Generalleutnant beförderte Ernst Friedrich Otto lebte bis zu seinem Tod (1822) in Lupow. Einige Jahre nach seinem Tod, fand die Verteilung seines bedeutenden Grundbesitzes statt.
1826: Die Kinder des verstorbenen Ernst Friedrich Otto setzen sich per Erbvertrag am 25. März auseinander. Generalleutnant Otto Heinrich Ferdinand, sein dritter Sohn, erbt das Gut Pottangow, zusammen mit anderen Gütern im Landkreis Stolp. Er war mit Passion Soldat, verpachtete seine Besitzungen und übernahm die Bewirtschaftung seiner Güter erst, nachdem er als Generalleutnant aus dem Dienst schied. Da er selbst kinderlos war, verfolgte er schon seit längerem den Plan, aus seinen Gütern ein großes Fideikommiß (Majorat) zu konstituieren. Nach Überwindung vielfältiger Schwierigkeiten, die durch die Lehnsverhältnisse der Güter, aber auch durch die besonderen Ereignisse von 1848 (Revolution) verursacht waren, gelang die Durchsetzung des neuen Erbrechts erst viele Jahre später.
1855: In Gemeinschaft mit seinem jüngeren Bruder Friedrich Wilhelm Bogislav, kommen beide am 10. Dezember überein, den Güterkomplex Lupow, mit den Gütern Darsin, Groß Runow, Vangerske, Pottangow, Varzmin A, Zechlin (von Otto Heinrichs) und Lupow, Malzkow und Sorkow (von Friedrich Wilhelm) zu einem Fideikommiß zu konstituieren. Das bedeutet, fortan unterliegt es einem Erbrecht, das zwischen einem gebundenen Besitzteil (dem Obereigentum) und einem Nutzungseigentum unterscheidet. Das Nutzungseigentum stand nur einem Familienmitglied zu, während das Obereigentum Familienbesitz war.
1862: Am 1. April stirbt General Otto Heinrich Ferdinand.
1877: Friedrich Wilhelm Bogislav stirbt – der Besitz fällt an den ältesten Sohn.
1931: Der letzte Besitzer Ernst von Bonin stirbt. Das ca. 415 ha große Gut wird parzelliert und Siedlerstellen werden geschaffen.
IV. Pottangow nach der „Aufsiedlung des Gutes“
Nach der Aufsiedlung verbleibt ein Restgut von 115 ha Land, welches Karl zum Winkel, aus der Familie des bisherigen Pächters, übernimmt.
1938: Das Gut besteht aus 90 ha Ackerland, 16 ha Wiesen, 9 ha Weiden und besitzt einen Viehbestand von 12 Pferden, 65 Stück Rindvieh und 120 Schweinen.
Das Gutshaus von Pottangow (Foto: Ursula Spandler-Bussmann 2012)
Zum ehemaligen Gutshaus führt heute eine kleine, holperige Straße. Das Gebäude ist gegenwärtig bewohnt.
Foto 2012: Reste des Gutshauses - Weg in Richtung Siedlung und Schule
Gegenüber vom Gutshaus war eine Brennerei in Betrieb. Heute bezeugt die Ruine noch den alten Standort.
Ruine der Brennerei 2012
Auch der "Schweizer" (gemeint ist der Beruf des Melkers) Ernst Zoch * 1909 in Langeböse wohnte und arbeitete hier. Die Molkerei war in Klein Gluschen. Zwischen Pottangow und Klein Gluschen verlief die Eisenbahn. Darüber führte eine Brücke.
Bild links: Brückenauffahrt von Pottangow Richtung Klein Gluschen 2012
Bild Mitte: Eisenbahngleise in Fahrtrichtung Stolp 2012
Bild rechts: Eisenbahnbrücke 2012
Den Kindern war es streng untersagt, auf den Bahngleisen, dem Bahndamm oder der Eisenbahnbrücke zu spielen. Über die Brücke durften sie nicht gehen, da es auf der anderen Seite moorig, nass und sumpfig sei. Kurz hinter der Brücke verlief der Darsiner Bach, der sogar unter den Bahnschienen hindurch führte und sehr beliebt bei den Kindern war.
Sie holten hier Stichlinge heraus und spielten verbotenerweise im kühlen Nass. Als Vorwand dienten oft die Gänse, die sie ausführen und bewachen mussten. Es kam aber doch vor, dass der Zug Gänse erfasste, dann trauten sich die Kinder kaum nach Hause.
Das heimliche Durchqueren der Bachunterführung unter den Gleisen durch, gehörte zu den großen Mutproben. Fuhr gleichzeitig ein Zug darüber, konnte schon Todesangst entstehen.
Geblieben ist in diesem Ortsteil - auch Alt-Pottangow genannt - ein kleiner Wald- und Wiesenweg in Richtung Darsin, an dem es 2012 wenige Ansiedlungen gab. Auch daran lässt sich deutlich erkennen, wie bedeutungslos dieser wichtigste und ursprünglichste Ortsteil geworden ist. Die Infrarstruktur kam hier zum Erliegen, ausgebaut wurden die Ortsteile mit direktem Zugang zum Bahnhof und zur Hauptstraße Stettin-Danzig.
Schließlich geht es kaum noch weiter, jedenfalls nicht für PKWs. Zu Fuß lässt sich dafür die Landschaft schön erschließen und entlang von Kornfeldern erreicht man schließlich den Darsiner See, als Badesee früher vor allem bei den Kindern sehr beliebt.
Der Darsiner See mit der Badestelle.
Bei der Parzellierung und Schaffung von Siedlerstellen spielte die Pommersche Landesgesellschaft m. b. H., Sitz in Stettin, eine entscheidende Rolle. Zunächst übernahm sie einen Großteil des Bodenbesitzes – auch in Pottangow. Bei der Schaffung von Siedlerstellen wurde häufig die Wirtschaftsform des „Rentenguts“ gewählt. Damit ist der Besitz gemeint, der gegen Übernahme einer festen Rente (neben der Geldrente war bei Einführung der peußischen Rentenguts-Gesetze 1892 auch an Naturalzahlungen gedacht, z. B. eine „Körnerrente“) zu Eigentum übertragen wurde. Der Besitzer musste die Rente dauernd zahlen und konnte sich nur durch Kapitalzahlung davon befreien.
Folgende Rentengutskolonisten, bzw. Rentenguts-Besitzer konnten für Pottangow ermittelt werden:
- Franz Loraff, Stelle 2, 1931
- Otto Jahn, Stelle 3, 1931
- Wilhelm Zielke, Stelle 4, 1931
- Georg Falk, Stelle 5, 1931
- Herman Langholf, Stelle 7, 1931
- Fritz Tiemann, Stelle 8, 1931
- Christian Bredemeier, Landwirt, Stelle 10
- Johannes Mroch, Landwirt, Stelle 11
- Gustav Marquardt, Schutzpolizeiwachtmeister u. Landwirt, Stelle 12
- Paul Falk, Landwirt, Stelle 13
- Johannes Kaufmann, Landwirt u. Schmiedemeiste u. Ehefrau Anna, geb. Tomczak, Stelle 14
- Otto Neitzke, Landwirt, Stelle 15
- Otto Frobel, Gärtner, Stelle 16
- Karl Schönegge, Schmiedemeister, Stelle 19
- Friedrich Schalk, Stelle 30d
- Gustav Klaus, Stelle 32
- August Reffke, Stelle 33
- Walter Pleines, Stelle 34
- Berta Golchert, geb. Rattun, Stelle 38
- Emil Neitzke, Stelle 41
- Rudolf Wentzlaff, Stelle 44
- Robert Schoot, Stelle 47
- Hermann Klein, Stelle 48
- Fritz Pethke, Stelle 51
- Werner Falk, Elektriker, Stelle 53
- Paul Falk
- Karl zum Winkel
- Franz Christoffer und Ehefrau Berta, geb. Petsch
- August Fischer
Die Bauten der Siedler in Pottangow umfassten in Regel das Wohnhaus mit Hofraum und Hausgarten, das Stallgebäude mit Futterküche sowie die Scheune. Später kamen häufig Geräteschuppen, und Hühnerstall dazu. 1936 war der Besitz an Grund und Boden der Pommerschen Landesgesellschaft in vielen Fällen bereits gestrichen.
Rentengutssiedlung an der Schule in Richtung Gutshaus und „Alt-Pottangow“
Die Aufsiedelung des Gutes war damit in Pottangow, im Gegensatz zu vielen anderen Gütern in Hinterpommern, erst recht spät erfolgt. Die meisten Ansiedler erwarben ihr Land in der Zeit zwischen 1933 und 1935. Da es sich vor allem um die o. g. Rentengutsiedlungsstellen handelte, musste eine ständige „Rente“ ( Abzahlung) zur Erlangung des endgültigen Besitzes gezahlt werden. Ursprünglich waren etwa zehn Jahre zu Abzahlung veranschlagt worden. Die Aufteilung des Siedlerhauses in dieser Siedlung sah folgendermaßen aus:
Typische Siedlerhäuser (Foto 2012)
Die Scheune oder das Viehhaus gehörten dazu und standen häufig im Hof direkt hinter dem Wohnhaus:
Typische Scheune (Foto 2012)
Die folgende Beschreibung der Siedlung beginnt an der Kreuzung Kl. Gluschen – Bahnhof Pottangow – Schule Pottangowo. Es beginnt an der noch heute bestehenden Schule und geht in Richtung Gutshof Pottangow.
Am Anfang der Straße, gegenüber von der Schule war das Kolonialwarengeschäft Hildebrandt. Wilhelm Hildebrandt wurde 1869 in Alt Gutzmerow geboren und war mit Auguste Groth verheiratet. Sie hatten sechs Kinder: Wilhelm, Paul, Gertrud, Magdalene, Erna und Georg.
Ehem. Kolonialwarengeschäft Wilhelm Hildebrandt (Foto 2012)
Angrenzend wohnte die Familie Pioch. Ernst Pioch und Ehefrau Margarete, geb. Kraftschick hatten mind. zwei Söhne. Im Hinterhaus wohnte die Familie Jagnow. Zu dieser Zeit geb es zwei Familien Jagnow in Pottangow: 1. Gärtner Otto Jagnow (* 10.04.1885 in Stresow) und Ehefrau Elisabeth, geb. Woitha (* 06.03.1887 in Kl. Gluschen) und 2. Arthur Jagnow (* 13.10.1899 Grapitz) und Ehefrau Elisabeth, geb. Noffke (* 11.12.1900). Otto hatte 0,5 ha Grundstück erworben.
Bild 2012: Ehem. Pioch (vorderes Haus) und Jagnow (hinteres Haus)
Dann kam die Schmiede von Schmiedemeister (Karl-)Willi Schönegge. Mit seiner ersten Ehefrau Helene, geb. Bartz hatte er mind. vier Kinder. Nachdem sie verstorben war, heiratete er Frieda Wegner.
Ehemalige Schmiede Schönegge (Foto 2012)
An das Schulgrundstück, schräg gegenüber der Schmiede, schloss sich der Siedler Frobel an.
Links Frobel (rosa), rechts die Schmiede (gelb) – Foto 2012
Otto Frobel (* 1912) war von Beruf Gärtner. Zusammen mit seiner Frau Margarete, geb. Marotzke (* 1906 in Darsin) hatten sie sechs Kinder, von denen aber zwei früh nach der Geburt verstorben sind. Inge war als älteste Tochter 1931 geboren. Da es zwei Söhne gab, pachtete der Vater frühzeitig Land von Kossel dazu. Heute steht dort eine Kirche.
Ehem. Frobel, heute aufgestockt (Foto 2012)
An das Grundstück schloss die Gaststätte von Johannes Maroch/Mroch (* 1896) und Ehefrau Emma, geb. Horn an. Sie hatten mind. zwei Kinder, Tochter Gertrud (* 1928) und Sohn Siegfried (* 1934). Ihr Grundstück umfasste ca. 17 ha.
Gegenüber von Frobel gibt es seit einigen Jahren eine sehr erfolgreiche Bäckerei, die ihre Backwaren mit einem recht großen Fuhrpark selbst ausbringt.
Erfolgreiche Bäckerei in Potegowo mit eigenen Fuhrpark (Foto 2012)
Dieses Gebäude steht heute auf dem früheren Grund von Frobel.
Zwischen der Bäckerei und der Kirche heute, früher zwischen den Grundstücken Schönegge und Kossel, führt diese Straße durch, in der weitere Siedler gebaut hatten.
Links gab es eine Art Bauernschenke, in der sich nach 1945 häufig die sowjetischen Soldaten aufhielten.
Ehemalige Bauernschenke (Foto 2012)
Etwa gegenüber, auf der rechten Seite, wohnte eine Familie mit 5 Kindern und den Großeltern. Das Haus existiert nicht mehr, aber von der familiären Tragödie wird noch erzählt.
Die Familie wollte mit ihren Kindern in den Tod gehen. Dafür präparierte der Großvater den Ofen so, dass sich Gase entwickeln und in das darüber liegende Zimmer ausbreiten sollten. Die Frauen waren mit den Kindern bereits oben, da entstand plötzlich ein Brand. Ein sowjetischer Soldat eilte herüber und wollte die schreienden Kinder aus dem Obergeschoss retten. Als er die Tür öffnete, fing das ganze Haus an zu brennen. Die junge Frau brannte lichterloh und lief in Panik noch die Straße herunter. Alles ist verbrannt und nur die Großmutter hat überlebt.
Links stand das verbrannte Haus – Straßenverlauf in Richtung Kirche-Frobel (Foto 2012)
Das Nachbarhaus blieb verschont und steht heute noch. Inzwischen sind weitere Neubauten dazu gekommen. Die Siedlung hat sich stark in Richtung Bahnhof und Darsin ausgebreitet.
Ehemaliges Nachbarhaus (Foto 2012)
Nach der Kirche führt heute eine Straße zum Friedhof. Rechts geht es weiter zum Friedhof.
Ehem. Wohnhaus Nitz (Bild 2012)
Hinten links liegt das ca. 7 ha umfassende Grundstück mit Haus von Emil Nitz.
Otto Kossel besaß eine Siedlungsstelle von 5 ha. Er hatte mind. eine Tochter namens Waltraud (* 1926).
Ehem. Kossel (Foto 2012)
Neben Kossel wohnte die Familie Fischer: August und Ehefrau Martha, geb. Santkowski mit ihren Kindern (Erwin, Herbert, Heinz-Günther).
Ehem. Wohnsitz Fischer (Bild 2012)
Im Winter 1944-45 kam es zu einem Zusammenstoß zwischen der verängstigten Bevölkerung („… wir dachten immer, die Russen seien Wölfe mit Stahlhelmen…“), bereits einquartierten Flüchtlingen und den sowjetischen Soldaten. In dem folgenden Haus waren im oberen Geschoss 20 Flüchtlinge untergebracht. Die angrenzende große Scheune dieses Hauses war von sowjetischen Soldaten belegt - ein explosives Gemisch! Nach heftigen Auseinandersetzungen wurde ein Sowjetsoldat vermisst. Trotz massiver Drohungen, konnte er nicht gefunden werden – er blieb vermisst. Bis eines Tages ein kleiner Junge einen schrecklichen Fund machte. Es war im Frühjahr und der Schnee begann zu tauen, als der Junge plötzlich in der Nähe seines Wohnhauses einen steifgefrorenen Arm aus den langsam abtauenden Schneebergen heraus ragen sah. Mit seinen 8 Jahren hatte er schon mehr mitbekommen, als die Erwachsenen ahnten. Und so erkannte er sofort, dass es sich um den Arm des lange gesuchten Sowjetsoldaten handelte. Schnell rannte er ins Haus, um seine Eltern zu informieren. Da der Fundort in der unmittelbaren Nähe ihres Hauses lag, bekamen sie mächtig Angst und wollten auf keinen Fall Meldung machen. Aber wie sollte man es dem Kind vermitteln? Die Mutter kannte nur ein „pädagogisches Mittel“ – Todesangst erzeugen! „Wenn du deine Hand gegen deine Eltern erhebst, wird sie dir später aus dem Grab heraus wachsen!“, warnte sie mehr als eindringlich. Der Junge hat seinen Mund zwar verschlossen, aber selbst in die Träume des inzwischen über 70-jährigen ragt der Arm immer noch!
Haus li.: 20 Flüchtlinge Obergeschoss, Scheune re.: Sowjetsoldatenquartier (Foto 2012)
Geht man weiter in Richtung ehem. Gut Pottangow, sieht man heute einige Neubauten, z. T. kann man schon fast von Villen sprechen.