Zum 300. Geburtstag Friedrichs des Großen
von Klaus-Peter Kohlhas (Kommentare: 1)
Die Medienberichterstattung um den 300. Geburtstag Friedrichs des Großen am 24. Januar 2012 zeigt deutlich, dass Friedrich II. zu den wenigen absolutistischen Herrschern gehört, dessen Persönlichkeit noch heute einen weiten Teil der Leserschaft interessiert.
Auch ranken sich viele Sagen, Geschichten und Schnurren um sein Leben am Hof und seine Beziehung zu "seinem Volk". Eine dieser Schnurren aus den Stolper Landen soll hier beispielhaft wiedergegeben werden.
Merkwürdiges Jagdrecht
Folgende wohl nicht allgemein bekannte Schnurre aus der Zeit des großen Friedrich erzählt uns ein Mitarbeiter.
Geht da der Pastor von Glowitz in Pommern, tief in Gedanken versunken, mit dem offenen Bibelbuche in den Händen über den verwilderten Kirchhof, der ihm in seinem unglaublich verwahrlosten Zustande mit nichten als ein heiliger Gottesacker, sondern recht als ein wüster Vorgarten der Hölle erscheint. Da springt dicht vor den Füßen des sinnenden Mannes aus dem üppig wuchernden Unkraut jählings ein Hase auf und erschreckt den in sich gekehrten grübelnden Gottesmann.
Empört über die Frechheit des Tieres und den Zustand des Kirchhofes, faßt die Rechte des Pastors das Bibelbuch krampfhaft zusammen und schleudert es mit einer derben Verwünschung dem Friedhofschänder nach. Der Wurf trifft, Meister Lampe thut seinen letzten Sprung und giebt dann neben dem heiligen Buche seinen Geist auf. Triumphierend trägt der glückliche Schütze seine Beute nach Hause und erlabt sich nebst Weib und Kindlein baß an dem leckeren Wildbraten.
Aber die Geschichte wird ruchbar; wegen Jagdfrevels wurde der Pastor vor Gericht geladen und zu einer empfindlichen Buße verurteilt. Unerhört! Der Pastor unterwirft sich dem Spruche mit nichten; er geht weiter, geht bis ans Kammergericht, findet aber nirgend sein Recht. Da wendet sich der unerschrockene Jägersmann an seinen Landesherrn, den alten Fritz. Der große König sieht sogleich, wie der Hase läuft, und also lautet der Urteilsspruch: "Alle Hasen, die der Pastor von Glowitz mit der Bibel totschlägt, soll er als gerechte Jagdbeute nach Hause tragen dürfen."
Quelle: Knoop, O. u. Haas, U. (Hrsg.): Blätter für die Pommersche Volkskunde, X. Jahrgang, Labes 1902, S. 158/159 mit Bezug auf: Stettiner Neueste Nachrichten, IX. Jahrg. Nr. 279.
Friedrich der Große wird heute in der Rückschau sicher ganz anders bewertet, als zu seinen Lebzeiten. Einen Versuch einer skizzenhaften Schilderung der Widersprüche in seinem Charakter, seinem Denken und Handeln unternimmt ein Artikel in der ZEIT, der gleichzeitig zum Nachdenken und zur Kritik anregt. Auch die Kommentare zum Artikel zeigen die verschiedenen Einschätzungen sehr deutlich.
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Kommentar von Sellheim, Isabel |
Die wirklich köstliche Geschichte bringt auch Otto Laudan in etwas anderer Version in seinen "Stolper Geschichten", die 2010 zur 700Jahrfeier von Stolp von der Stadt mit meinen Anmerkungen herausgegeben wurden. Bei Laudan geht es um einen Streit zwischen Gutsherren und Pastor, weil jener dem Pastor das Recht abspricht, den Hasen als Beute zu behalten. Auch der Spruch von Friedrich dem Großen fällt dort deftiger aus. In Anmerkung 52 gebe ich ausführlich an, um wen es sich bei dem Pastor gehandelt hat