Militärische Infrastruktur
Im frühen 18. Jahrhundert gab es noch sehr wenige Gebäude, die ausschließlich der Nutzung duch die Garnison dienten. Die Soldaten waren in den Bürgerhäusern einquartiert, die Pferde standen in privaten und öffentlichen Ställen der Stadt. Aber es gab natürlich die Wache im alten Rathaus auf dem Marktplatz, die Schilderhäuschen an den Toren der Stadt, Reit-, Schieß- und Exerzierplätze. Ferner wurden von 1736 bis 1738 neue Magazine gebaut [1]. Das war die Zeit, als die v. Platenschen Dragoner in Stolp stationiert waren.
Ihrem Kommandeur, Oberst v. Steding, ist zu verdanken, dass die seit der
Reformation verfallende Nikolaikirche (Klosterkirche) mit königlicher
Genehmigung und Unterstützung der Stolper Bürger 1737 wieder hergestellt
wurde. An der Wand neben der Kanzel stand:
Anno 1737 den 23. Juni
ist diese Kirche, auf Sr. königlichen Majestät allergnädigsten Befehl,
nachdem sie 200 Jahre wüste gelegen, zur Garnisonkirche gewidmet, und in
selbiger den ersten Sonntag nach Trinitatis Anno 1737 durch den
Feldprediger Treuckner, Platenschen Dragonerregiments, zum erstenmal die
evangelisch lutherische Predigt und Communion gehalten worden [2].
Die
Dragoner blieben jedoch nur bis 1739 in der Stadt. Danach verlor die
die Nikolaikirche die Bestimmung als Garnisonkirche. Sie wurde nur noch
einmal von den orthodoxen russischen Soldaten genutzt, die sich während
des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) in Stolp einquartierten. Später
wurde sie umgebaut und als Armenschule genutzt.
In das Jahr 1737
fiel auch die Errichtung von 4 zusätzlichen öffentlichen Ställen, weil
eine weitere Eskadron des Regiments nach Stolp verlegt wurde und die
Pferde eine Unterbringung benötigten. Dazu wurden 800 Reichstaler aus
der General-Kriegskasse bezahlt, während das Bauholz aus der Loitz
entnommen werden musste. Ein Stall für 22 Pferde entstand an der Mauer
neben den Hirtenbuden, ein anderer hinter dem Posthaus [3]. Genauere
Beschreibungen gibt es leider nicht.
Der Reitplatz befand sich
lange Zeit auf dem Wall, da wo später das Schützenhaus stand. Dann
wurde den Husaren ein Platz vor dem Holstentor an der späteren
Amtsstraße zugewiesen, wo auch 1826 die erste gedeckte Reitbahn gebaut
wurde [4].
Im Juni 1769 wurde das Kadettenhaus gegenüber der
Schlossmühle eröffnet. Weitere Anbauten folgten. Als die Kadettenschule
1811 nach Potsdam ziehen musste, wurden die Gebäude als Invalidenhaus
genutzt. 1867 nutzte das Invalidenhaus eine durch eine Mauer abgeteilte
Längshälfte der Schlosskirche als Pferdestall, Trockenboden und
Holzstapelplatz.
Im 19. Jahrhundert, nach den Befreiungskriegen,
gab es längere Friedensphasen, in denen die Garnisonstruppen und die
Stadt daran gingen, das bisherige Provisorium der Unterbringung und der
Ausbildungseinrichtungen für die Soldaten zu verbessern.
Für ein
neues Fourage-Magazin erwarb das Militär 1803 ein großes
Grundstück zwischen Wasser- und Blumenstraße für 5000 Taler. Der Bau
begann 1804, musste dann aber aufgrund der napoleonischen Kriege
unterbrochen werden. Erst 1812 konnte weiter gebaut werden, so dass das
Magazin 1814 endlich genutzt werden konnte. Der längs der Stolpe
führende Weg wurde 1854 an die Stadt mit der Verpflichtung abgetreten,
diesen Weg "auf ewige Zeiten" zu unterhalten. Der Militärfiskus gewährte
im Gegenzug eine einmalige Beihilfe [7].
Während die Husaren
früher auf Brachfeldern und Heiden ungehindert ihre Eskadrons- und
Regimentsübungen abhalten konnten, wurden diese freien Flächen immer
mehr landwirtschaftlich genutzt oder bebaut. So wurde 1829 zunächst ein
Platz westlich des Kramper Wegs als fester Exerzierplatz zugewiesen. Für
ein Regimentsexerzieren war er jedoch bald zu klein. Daher wurde ein
neuer, größerer Platz vor Reitz eingerichtet, der ab 1877 benutzt und
später noch erweitert wurde [5]. Die Stadt hat die Nutzbarmachung mit
ca. 2.800 Mark bezuschusst [6].
Eine ähnliche Entwicklung ist bei
den Schießplätzen zu beobachten. Bis zum Jahre 1825 nutzte man einen
Schießstand im Aucker. Ab dieser Zeit wurde ein neuer Schießplatz in den
Lohmühlenbergen gegenüber der neuen Wirtschaft im Waldkater zugewiesen.
Für das 3. Bataillon des Infanterie-Regiments 61 wurde später noch eine
zweite Schießbahn angelegt. Ab 1885 nutzte die Garnison dann die neu
errichteten Militärschießstände in der Waldkatze [5].
In der
Präsidentenstraße wurde um 1850 das Garnisonslazarett gebaut. Es bestand
dort bis nach dem I. Weltkrieg [5]. Danach zog das Versorgungsamt ein.
Das Garnisonslazarett wurde in eine der neu gebauten Kasernen verlegt.
Eine
erste, kleine Kaserne entstand 1869, als das alte Gerichtsgebäude,
welches sich in der Holstentorstraße befand, dem Militärfiskus übergeben
wurde. Hier waren überwiegend Rekruten untergebracht, die ihre Pferde
im Stall VII in der Höhlenstraße am Bahntor stehen hatten [5].
Für
neue Ställe hatte die Stadt Grundstücke an der Rathsdamnitzer Chaussee
und am Cussower Weg hergegeben und den Bau mit einem Darlehen von 6.000
Talern unterstützt. 1873, als das Husarenregiment aus dem Kriegeinsatz
in Frankreich zurückkehrte, konnten die massiv gebauten Ställe mit einem
Platz für 280 Pferde bezogen werden [6]. Da die Ställe bereits 1869
fertiggestellt waren, wurden sie während des Krieges 1870/71 zur
Unterbringung gefangener Franzosen genutzt. Die in Gefangenschaft
geratenen französischen Offiziere waren jedoch in Bürgerquartieren
untergebracht. Sie konnten sich im Gegensatz zu den bewachten
Mannschaften frei bewegen [5].
Die Uniform- und Ausrüstungsstücke
der Husaren lagerten im Neuen- und Mühlentor, aber auch teilweise im
ehemaligen Schloss. Das Schloss war das Landwehrzeughaus, wo
Montierungsstücke und Waffen der Landwehr- und Reserveformationen des
Landwehrbezirks Stolp gelagert wurden [5].
Die Kasernen der
Garnison wurden im Osten der Stadt ab 1879 gebaut, da wo bereits die
Pferdeställe bezogen worden waren. Die Jägerkaserne, die ab 1937
Mackensenkaserne hieß, wurde von 1879-1883 erbaut. Die Hindenburgkaserne
im Schliepgrund konnte 1901 und die Blücherkaserne 1909 bezogen werden.
Der Bau der Leibhusaren- und der Bellingkaserne folgte erst 1934-1937
[8].
Die folgenden Bilder sind der Quelle [9] entnommen:
Die Garnison bestand aber seit dem ersten Weltkrieg nicht
mehr nur aus Heerestruppen. Luftwaffe und auch Marine, wenn man den
Luftschiffhafen Seddin einbezieht, kamen hinzu. 1916 stellte die Stadt
im Südwesten, an der Bahnstrecke nach Stettin, ein Gelände von 500
Morgen für den Bau eines Flughafens zur Verfügung. Nach Kriegsende
mussten jedoch aufgrund des Versailler Vertrages alle Baulichkeiten
wieder abgebaut werden.
Zwischen 1935 und 1939 entstand, nach
dem Wiederaufbau der Luftwaffe, im Osten der Stadt der neue Flughafen
Stolp-Reitz. Das Areal hatte ungefähr eine Fläche von 1200 m mal 1200 m.
Im Jahr 1943/44 wurde das Gelände um ca. weitere 200 m verlängert. Fünf
große Flugzeughallen, eine Werft, Flugleitung und ca. 20 Baracken
bildeten die Hauptinfrastruktur. Für den Unterkunfts- und
Verwaltungsbereich kamen hinzu die Kommandantur, Unterkunftsgebäude und
Lehrgebäude. Der Flughafen war mit durchschnittlich 2500 Mann belegt.
Auch
der ältere Flughafen Stolp-West, der nach dem ersten Weltkrieg
hauptsächlich dem zivilen Luftverkehr auf der Strecke Stettin - Stolp -
Danzig - Königsberg diente, wurde im zweiten Weltkrieg wieder ausgebaut
und militärisch genutzt.
Der Luftschiffhafen Seddin wurde nach dem ersten Weltkrieg aufgrund der Regelungen des Versailler Vertrages entmilitarisiert. Die große Halle "Selinde" musste bis 15. Februar 1921 abgebaut sein. Sie wurde an Italien übergeben. Die kleine Halle "Selim" durfte zur zivilen Nutzung stehen bleiben. Auch eine Gasanlage durfte verbleiben. Die drei zuletzt in Seddin stationierten Luftschiffe wurden an Japan (L 37), Frankreich (LZ 113) und Italien (LZ 120) abgeliefert.
Die kleine Halle und die Anlagen wurden bereits 1919 von der Luft-Fahrzeug-Gesellschaft m.b.H. angemietet. Die Produktion war mit Reklameballonen, Zeltplanen, Wagendecken, Kartoffelerntemaschinen, und Maschinenbauarbeiten bunt gemischt.
Aus dieser Gesellschaft ging 1927 die Wasser- und Luftfahrzeug-Gesellschaft m.b.H. mit zwei Werken, Seddin und Brandenburg, hervor. Im Werk Seddin wurden jetzt Prall-Luftschiffe, Frei- und Fesselballone, Schlauchboote und Schnell-Brücken hergestellt. Das erste Luftschiff der Schokoladenfirma Trumpf, welches zu Reklamefahrten in ganz Deutschland eingesetzt wurde, entstand in Seddin. Weitere Bauten folgten. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die kleine Halle als landwirtschaftliches Lager genutzt, bis sie in private Hände überging und als Lager für Chemie- und Kosmetikwaren 1989 durch ein Großfeuer vernichtet wurde.
Quellen:
[1] Eulitz, Oscar: Stolp (Pommern) und seine Umgebung, Stolp 1926
[2] Feige, F. W. (Hrsg.): Haken's Drei Beiträge zur Erläuterung der Stadtgeschichte von Stolp, Stolp 1866, S. 15
[3] St., F.: Stolp und seine Dragoner anno 1736, in: Ostpommersche Heimat 1937, Nr. 8
[4] Nolte, Herbert: Stolp und seine Reiter, in: Ostpommersche Heimat 1929, Nr. 12
[5] Kl., Cl.: Stolp in Wehr und Waffen, in: Ostpommersche Heimat 1935, Nr. 4
[6] Magistrat der Stadt Stolp: Bericht über die Verwaltung und den Stand der Stadt-Gemeinde Stolp während der Jahre 1869-1878
[7]
o.V.: Die alten Kasernen in Stolp, in: Der Husar, Zeitschrift des
Traditionsverbandes Kavallerie-Regiment 5, 19. Jahrg., Nr. 73, III.
Quartal 2005, S. 58
[8] Pagel, Karl-Heinz: Stolp in Pommern - eine ostdeutsche Stadt, Lübeck 1977, S. 153 ff.
[9] Piotrowicz, Władysław: Słupsk - Dawniej Stolp na Pocztówkach, Słupsk 2004
[10] Schneevogt, Jürgen: Seddin bei Stolp in Pommern - Marine-Luftschiffhafen und LUftschiffwerft, Buckow 2006