Flugplatz in Stolp-West

Die Stadt Stolp hatte einen Flugstützpunkt gebaut, der im Juni 1917 fertiggestellt und am 2.8.1918 von der Fliegertruppe übernommen worden war. Diese hatte schon 1916 mit dem Bau einer „Flieger-Beobachterschule“ nebst Flugplatz begonnen.
Das Areal erstreckte sich über 100 ha, von denen 99 ha von der Stadt Stolp für jährlich 8940,44 M gepachtet waren. Einen weiteren Hektar hatte die Stadt der Fliegertruppe kostenlos überlassen.

 

Auf dem Flugplatz entstand eine Normal-Werft 76 m x 36 m groß, zehn Hallen von 66,78 m x  22,64 m, von denen vier einen Heizungsanbau hatten. Hinzu kamen ein massives Flugleitungsgebäude, eine Funkbaracke mit zwei eisernen Masten, ein Offizierskasino, Wohnbaracken, Schuppen usw.

 

Am 1.2.1918 wurde hier eine „Flieger-Funker-Lehr-Abtlg.“ eingerichtet. Gleichzeitung wurde die „Flieger-Beobachterschule Köln“ am 15.2.1918 nach Stolp verlegt.
Im Gegensatz zum Flugzeugführer war der Beobachter stets Offizier. Er leitete je nach Aufgabenstellung das Artilleriefeuer, lenkte den Bombenabwurf, bediente das Funkgerät, übermittelte drahtlos Zeichen, bediente das Maschinengewehr oder die Kamera und führte Landvermessungen durch. Er durchlief zunächst eine Beobachter-Vorschule und die Bobachterschule und kam dann zu einem vierzehntägigen Lehrgang in die Fliegerschießschule Asch in Belgien.
Anschließend trennten sich je nach Qualifikation die Wege der Beobachter. Die zukünftigen Artillerieflieger gingen zur Artilleriefliegerschule, die für die Bombergeschwader bestimmten Beobachterschüler zum Bombenlehrkommando. Offiziere, die sich als Beobachter für die Lichtbildabteilungen (Luftaufklärung) eigneten, erhielten eine Ausbildung bei Inspektion des Lichtbildwesens.

 

Infolge des Friedens von Versailles verlor der Flugplatz Stolp seine Bestimmung. Die Interalliierte Kontrollkommission hatte den Abbruch der Hallen angeordnet. Ebenso die Halle des Stadteigenen Flugstützpunktes, was zu heftigen Protesten führte.
Nach dem Krieg blieb der Flugplatz vorerst im Besitz der Heeresverwaltung und wurde vom Militär nicht freigegeben. Indessen bemühte sich die Stadt nach Aufhebung des Pachtvertrages den Flugplatz zurückzuerhalten. Im Mai 1922 kam es endlich zu einer grundsätzlichen Einigung über den Pachtvertrag und zu einer Entschädigung für die Stadt Stolp in Höhe von knapp 7000 M.
Aus einem Teil des ehemaligen militärischen Flugplatzgeländes wurde der kleinere Zivilflugplatz, der im Südwesten der Stadt zwischen der Straße und der Eisenbahnlinie nach Schlawe lag. Sein Rollfeld erstreckte sich in 38 m über NN über 600 m x 600 m.
1926 wurde eine hölzerne Flugzeughalle errichtet, die 48 m breit, 21 m tief und 6 m hoch war und mit Zuschuß des Reichsverkehrsministeriums eingerechnet, 36000 RM kostete.

 

Eine Grasnarbe deckte den ersten Lehmboden. Rot-weiße Kästen markierten die Begrenzung. Das Landezeichen lag ständig aus. Der Platz verfügte über einen Gleisanschluß mit zwei Rampen. Als Flughafengebäude wurde der alte Werftbau in der Nordoststrecke des Platzes genutzt, in der die Polizeiflugwache, die Flugleitung der Deutschen Luft Hansa, die Zollstelle und der Kraftverkehr Pommern mit Werkstatt, Tankanlagen und Fahrzeugen untergebracht waren.
Der Flugwetterdienst nahm die 17 km entfernte Wetterstation des Lotsenamtes Stolpmünde telefonisch wahr, die bereits im 1. WK als „Marine-Nachrichtenstelle“ Flugbewegungen und Wetterdaten gesammelt und über Funk weitergegeben hatte.
Eine Erweiterung des Flughafens im Jahre 1927 von 21700 auf 37200 qm nach Westen und Süden hatte 4500 RM an Aufwendungen zur Folge gehabt.

 

Der Luftverkehr wurde erstmals 1921 aufgenommen und führte von Berlin über Stettin und Köslin, Stolp und Danzig nach Königsberg. Dann wurde er durch geänderte Linienführung unterbrochen.
Am 26. April 1926 begann der Nachtflugverkehr von Berlin bis Stolp für Luftpost, ab 15. Juni auch für Passagiere. Für den Nachtflugverkehr erhielt der Platz auch eine entsprechende Befeuerung. Sieben lange Neonfeuer begrenzten die Nord- und Ostseite des Rollfeldes.
Weitere Strecken wurden eingerichtet:
Am 1.6.1926 Eröffnung einer Ostseestrecke Danzig – Stolp – Stettin – Schwerin und zurück, ab 5.5.1927 Berlin – Stolp, ab 7.5.1928 Stolp – Elbing.

 

In den 1930er Jahren wurde der Flugplatz Stolp-West weiter betrieben und von der Luftfahrt außerhalb des planmäßigen Linienverkehrs benutzt. Aus allen Teilen Deutschlands wurde er angeflogen, sei es von der Luftwaffe, der Versuchsanstalt für Luftfahrt, oder von Privatflugzeugen. 1938 pachtete ihn das Luftgaukommando, er diente dann bis Kriegsende als Fliegerhorst.
Bis zum Ausbruch des Krieges war Stolp-West Zollflughafen. Alle Maschinen nach Danzig – Köigsberg und zurück nach dem Westen mußten hier landen. Lufthansa und Deru-Luftverkehr benutzen Stolp-West als Tag- und Nachtlandeplatz.

 

R.-D. N.


Literatur:
Borlinghaus, Horst: Deutsche Feldpost 1914-1918 e.V. Handbuch und Katalog der deutschen Fliegertruppe im
1. Weltkrieg
Grenzdörfer, Joachim / Seifert, Karl-Dieter: Geschichte der ostdeutschen Verkehrsflughäfen. Die Verkehrsflug- häfen und -landeplätze in den neuen Bundesländern von 1919 bis 1995 und in den ehemaligen deutschen Ost- gebieten bis 1945.Bonn 1997
Pagel, Karl-Heinz: Stolp in Pommern – eine ostdeutsche Stadt, Lübeck 1977
Schneider Walter: Luftpost in Pommern. In Zeitschrift Pommern 1969/Nr.1
Stolper Heimatblatt, Aug. 1954: Die Flugplätze in Stolp

Impressionen 1917 / 1918

Die nachfolgenden Bilder sind freundlicher Weise von dem Verfasser des Artikels, Rolf-Detlev Neß, zur Veröffentlichung frei gegeben worden.

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