Exlibris Fränzi Schwolow mit dem Mühlentor in Stolp
Der Künstler Emil Anner (Baden b. Zürich 1870 – 1925 Brugg, Kanton Aargau) „muß ein sonderbarer, gewiß nicht immer leicht zugänglicher, etwas fanatischer Mensch gewesen sein. Emil Anner ein gebürtiger Badener, der jahrzehntelang als Zeichenlehrer in Brugg tätig war. (...) Wesentlichstes Charakteristikum seines bildnerischen Schaffens ist die mit Akribie verfolgte Liebe zum Detail, und zwar nicht nur in den hauchfein und mit reicher Hell-Dunkel-Nuancierung gestalteten Radierungen, sondern auch in den mit dichter Farbe gemalten Aquarellen, deren Intensität und Fülle von kaum wahrnehmbaren Details uns verblüfft. (...) Abgesehen von einigen sehr guten Porträt-Radierungen hat er sich fast ausschließlich mit der Natur beschäftigt (...) Trotz der unbestrittenen Meisterschaft in den Radierungen, Buch-illustrationen, Ex Libris einerseits, den Aquarellen anderseits, war die Malerei für ihn in erster Linie Selbstzweck. Er hat selten ausgestellt (...) dennoch muß seine Ausstrahlungskraft bedeutend gewesen sein“ [Zwez, Annelise]
Weniger bekannt ist, daß der Schweizer Künstler auch ein sehr schönes Exlibris mit einem bekannten Stolper Motiv radiert hat, dessen genaue Entstehungsgeschichte noch unklar ist. Die Darstellung, rückseitig mit Bleistift beschriftet: Emil Anner und datiert 1907, zeigt das Mühlentor in Stolp, mit dem Namen Fränzi (Franziska) Schwolow aus Stolp. Auch im Bestand des Gutenberg-Museums, Mainz (unter Nr. 14.021) befindet sich diese schöne Radierung von Emil Anner.
Nur wenige Menschen heute haben ein genaues Verständnis von dem, was sich unter der Bezeichnung Exlibris verbirgt. Das Lateinische Wort Exlibris heißt soviel wie: „aus der Bücherei“ oder „aus den Büchern von ...“. Es handelt sich also um kleine Blätter, die zur Dokumentation des Besitzes, in den vorderen Einbanddeckel eigener Bücher geklebt wird.
Im 16. Jahrhundert hatte das Exlibris eine wichtige Blütezeit in Deutschland. Im 19. Jahrhundert geriet es fast in Vergessenheit; man schrieb halt seinen Namen in das Buch. Um 1870 begann eine neue Blütezeit. Das Exlibris als Kunst und als Sammelgebiet war wieder entstanden. Der Höhepunkt der Exlibriskunst dauerte bis Ende der 1920er Jahre an. In der Nazizeit und durch den Zweiten Weltkrieg erlitt sie einen Niedergang, von dem sie sich nur allmählich wieder erholte.
Personen mit Namen „Schwolow“ sind in den Adreßbüchern von Stolp verzeichnet, aber keine Franziska Schwolow. Angegeben sind aber auch nur die Haushaltsvorstände. Leider konnte nicht festgestellt werden, ob Emil Anner aus der Schweiz sich wirklich einmal in Stolp aufgehalten hat oder ob er die Exlibris-Radierung nach zeitgenössischen Postkarten oder Fotos geschaffen hat. Welche Beziehungen bestanden zu Fränzi Schwolow aus Stolp, nur geschäftliche? Vielleicht können hier noch Quellen ausfindig gemacht werden, die Aufschluß darüber geben können.
Quellen und Literaturverzeichnis:
- Adreßbuch der Stadt Stolp 1894,1908, 1915.
- Anner, Emil: Brief des Malers, geschrieben 20.7.1898 an eine nicht namentlich genannte Person in Zürich, betreffend Aquarelle oder Radierungen und deren Reproduktionen. Anner gibt auch einen kurzen Lebenslauf an: Geboren 23.2.1870 in Baden (Kanton Aargau), 1886 bis 1890 Kunst-gewerbeschule in Zürich, dann Akademien Genf und München, ab 1901 Zeichenlehrer in Brugg.
- Hopf, Andreas und Angela (1980): Die Kunst des Exlibris, München.
- Schutt-Kehm, Elke: Exlibris-Katalog des Gutenberg-Museums 2. Teil. Wiesbaden, 1998, S. 38.
- Zwez, Annelise in Aargauer Tagblatt vom 27.März 1985: Emil Anner Gedächtnisausstellung Galerie Lauffohr. Die Natur ist voller Details.
(Rolf-Detlev Neß)